Van Morrison – Dublin, Olympia Theatre

Zu Hause ist selbst Van Morrison manchmal in Partylaune

Der Taxifahrer beschreibt mir die irische Seele mit einem Wort: „crek“. Das ist wohl gälisch und heißt soviel wie: „den Augenblick genießen, ohne über das Danach zu grübeln“.

Van Morrison ist ein Großer im Feiern des Augenblicks, seinem Transzendieren und Aufheben in Songs wie „See Me Through“, „So Quiet In Here“ oder „Coney Island“, wenn alles ganz leise wird und man Morrisons Atem hören kann, wie er dann flüstert: „Can you hear the silence?“

Als er damals sang „on a Friday evening when the sun goes dow/On the outskirts of town, I wanna slip away/I wanna slip away, got to get away“ blieb die Zeit stehen, an diesem Freitagabend im alten Olympia Theatre, schräg gegenüber von Dublin Castle, ist Kontemplation jedoch nicht recht gefragt Stattdessen gibt es ein schmissiges Programm mit Fegern wie „Baby Please Don’t Go“, „Real Real Gone“ und der neuen Single „Hey Mr. DJ“, selbst die Meditation „Cleaning Windows“ gerät zur Mitklatschnummer.

Van the Man scheint dabei frisch wie selten, spielt selbst Saxofon und Gitarre, macht gar Witzchen mit dem Publikum: „Here comes the night? Well, they never tell me anyway.“ Die Band, bei einer Sieben-Mann-Besetzung muss man ja bei Morrison fast von einem intimen Gig sprechen, ist gut wie immer, wenngleich die Bläsersektion kein Pee Wee Ellis und auch kein Fred Wesley diesmal wenig druck voll agiert und – noch etwas unsicher – vom Meister einmal gehörig angeblafft wird. Die Orgel hält die Stücke am Boden oder vielleicht besser: im Pub, und man wünscht sich des Öfteren, Van hätte Georgie Fame niemals kennengelernt. Bei aller Beschwingtheit versucht er sich dann doch noch einige Male am Spirituellen. In „In The Afternoon“ verbindet er assoziativ mit „Raincheck“ und „Ancient Highway“ und erzählt eine Geschichte, die an den Film erinnert, dem er die Inspiration für diesen Song schuldet: „Das Piano“. Doch während die Band immer leiser wird und man die Stille schon fast fühlen kann, wird das Publikum lauter. Ärgerlich. Hands up, Hände ab.

„It’s All In The Game“ funktioniert bereits besser und die schon zum Ritual gewordenen Phrasierungen – you know, what I’m writing about – bringt Van the Man mit einer Inbrunst, wie man sie auf seinen Alben lange nicht gehört hat. Selbst von einigen Zwischenrufen lässt er sich nicht stören.

„Madame George“ wird schließlich zur Meditation über Herkunft und Kindheit. Morrison spielt die Gitarre wie auf „Astral Weeks“: ein orgiastisches Schrummeln, das viele mit Dilettantismus verwechseln. Dann geht der Mann mit dem Hut ab und kommt für ein pub-rockendes „Gloria“ zurück. Vielleicht ist er nicht mehr ganz der Alte, aber er scheint es zu genießen.

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