Wandeln in Papa Charlies Fußstapfen: die Töchter Petra und Rachel Haden mit That Dog und sein Sohn Josh mit Spain

Niemand drängte ihn zu einem Instrument. Also saß Josh Haden immer nur in der Ecke, als seine Schwestern Petra, Rachel und Tanya klassische Hausmusik machten. Auch später, als Anna Waronker ins Haus kam, um mit Petra und Rachel die ersten Songs für ihre Band That Dog zu proben. Irgendwann verdingte sich Josh als Tour-Roadie bei seinem Vater, dem Jazz-Bassisten Charlie Haden. „Es hat zwar Spaß gemacht, aber am Ende frustrierte der Job mich ungeheuer. Also schwor ich mir: Nach Europa z. B. gehst Du nicht eher zurück, bis du selbst ein Instrument spielst!“ Fünf Jahre später ist es endlich soweit „Viele Fragen nach meiner Familie und nach meiner Musik sind zwangsläufig dieselben“, sagt der ernsthafte junge Mann, auf Promo-Tour für seine Band Spain. Aber das langweile ihn nicht Er gebe gern Interviews, „auch, weil mir durchs Reden darüber viele Dinge erst richtig klarwerden“. Das mag man glauben. Umständlich, mit dem dankbaren Enthusiasmus des späten Debütanten erklärt sich Josh Haden. Über ein visuelles Gesamtkonzept, das „nicht prätentiös“ wirken solL Über das Songschreiben „aus einer ästhetischen Perspektive“ und was das mit politischer Korruption zu tun habe. Oder was nicht: „Beziehungen von Menschen sind wichtig. Deshalb schreibe ich lieber darüber als über Regierungen voller Heuchler.“ Und seine Oberschenkel schnellen dabei hin und her, als gelte es zwischen den Knien einen Kuchenteig zu kneten. Petra Haden ist nicht so nervös, als sie exakt eine Woche später in einer Hamburger Garderobe auf ihre Show mit That Dog im Vorprogramm der Foo Fighters wartet. Vielleicht weil Anna Waronker neben ihr sitzt: Auch sie kann ein Lied singen von familiären Hypotheken. Vater Lenny formte durch seine Produktion und Protektion für Randy Newman oder Ry Cooder maßgeblich das inzwischen leicht lädierte Image von Warner Brothers als Künstler-orientierte Firma, bis er nach Turbulenzen auf der Warner-Chefetage bei der Spielberg/Geffen-Traumfabrik Dream Works unterschlüpfte. „Von mir wollen sie wissen, wie mich mein Vater musikalisch beeinflußt hat“, sagt Petra Haden. „Aber bei Anna heißt’s: ,Na, Dein Papa hat bestimmt seine Beziehungen spielen lassen!'“ Waronker, die zuvor Film studierte und in einem Klamottenladen jobbte, nickt ,Ja, aber das ging fast nur in L.A. so. Es ist nicht einfach, eine Identität zu entwickeln, wenn die Leute alles über unsere Väter wissen wollen, aber kaum etwas über uns. Wobei uns klar ist, daß That Dog allein dadurch eine gewisse Aufmerksamkeit auf sich zogen. Unsere Väter sind wie Privatbibliotheken, die uns gerade jetzt, wo wir bei einem Major sind, mit vielen Informationen helfen können. Mir hat das sehr genützt.“ Josh Haden wollte sich zunächst nicht helfen lassen. Also spielte er als Teenager Punk-Rock.“Ich dachte, ich würde mich bewußt von meinen Wurzeln entfernen, aber als diese ganze Wut weg war, da war ich ihnen näher als je zuvor.“ Josh Haden entdeckte die Musik wieder, mit der sein Vater groß geworden war, der schon als Kind mit fünf Geschwistern regelmäßig in einer Radio-Show („The Haden Family“) sang: Blues, Country und Gospel-Musik. „Diese Stile in einem Punk-Kontext zu adaptieren, das funktionierte für mich einfach nicht. Also mußte ich meine Position neu definieren.“ Dabei waren die heimischen That Dog-Sessions für den ängstlichen Josh, der fürchtete, seine neuen Songs könnten „nicht akzeptiert“ werden, sehr ermutigend. Haden: „Wenn sie das können, kann ich das auch, dachte ich mir. Sie haben mich wahrscheinlich nicht mal bemerkt, da hinten in meiner Ecke.“ Haben sie doch. Meint jedenfalls Anna Waronker. „Josh kamimmer rein, was uns schon genervt und eingeschüchtert hat. Denn wir hatten nie zuvor vor irgend jemandem gespielt.“ – „Klar, es war sicher hart für ihn, als wir dann einen Plattenvertrag bekamen und von da an viel live spielten“, ergänzt Petra Haden, die ihre Violine mit 13 pubertätsbedingt in die Ecke gestellt hatte und sieben Jahre später, bei den ersten That Dog-Sessions „vieles wieder ganz von vorn lernen“ mußte. „Aber er hatte das immer in sich, und es ist gut, daß die Leute ihn heute endlich hören können.“ Nun mag das musikalische Endresultat von That Dog und Spain auch höchst unterschiedlich anmuten – „Kammer-Punk“ auf „Totally Crushed Out“ versus „Low-Rock“ auf „The Blue Moods Of Spain“, könnten die Schubladen heißen -, gemein jedoch ist beiden Bands der Wille zur Reduktion, auch die Präzision, mit der Gefühle und Befindlichkeiten eingekreist werden. Für eine gemeinsame Session dürfte das kaum reichen. Doch möglicherweise ist zumindest der gesamte Haden-Clan bald mal wiedervereint, inklusive Tanya Haden, die sich in San Francisco als Straßen-Musikantin durchschlägt Denn Papa Charlie, der zuletzt mit dem Pianisten Hank Jones die „Spirituals, Hymns And Folk Songs“ (auf dem Album „Steal Away“) einspielte, hat nun überraschenderweise eine Country-Platte im trauten Familienkreis angedacht. Josh ist begeistert, nicht zuletzt weil „ich ein paar Country-Songs rumliegen habe, die sich da ganz gut machen würden“. Auch Petra signalisiert Interesse. „Das wäre bestimmt ein großer Spaß. Mein Vater hat uns oft seine alten Radio-Shows vorgespielt. Deshalb sind diese Harmonies bei That Dog so völlig natürlich fiir mich. Und es ist auch das, was ich wohl am besten beherrsche.“ Und das bleibt eben doch in der Familie. Manchmal jedenfalls.

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