Willander schaut fern: Darum ist „Sträter“ die schönste Sendung der ARD

Der Sprachvirtuose, Poet und Spötter Torsten Sträter geht auf den Straßen der Erinnerung

Früher war Torsten Sträter Herrenausstatter, deshalb trägt er diese ausgesprochen kleidsamen und bequemen schwarzen Anzüge ohne viele Knöpfe. Sein Markenzeichen ist aber die Schlumpfmütze, eigentlich „Beanie“. Ohne die Mütze sieht er ganz anders aus. „Ich bin 55, sehe aber älter aus“, sagte er zu Kurt Krömer. „Das ist richtig“, sagte Krömer. Nach seiner Arbeit als Herrenausstatter leitete Sträter zwölf Jahre lang die Spedition seiner Mutter, schrieb aber Erzählungen und nahm an Poetry Slams teil. Ludger Stratmann entdeckte ihn für den WDR, wo er zunächst „Sträters Männerhaushalt“ machte und nun „Sträter“, eine 45-minütige Show, die in der ARD gezeigt wird.

Im Ruhrgebiet wird Sträter als Gottheit verehrt, aber diese Adoration sollte nicht auf die Gegend beschränkt bleiben. Sträter ist ein Sprachvirtuose, dessen funkelnde Texte durch seinen Vortrag zu einem Leben erweckt werden, das noch viel lustiger und klüger und rührender ist als die Texte ohnehin schon. In seinen schwer zu sprechenden Rhapsodien vermischt Sträter Ruhrpott-Idiom mit Hochsprache, Bildungsbürger-Jargon mit Grobianismus, gestelzte Sentenzen mit der täglichen Sülze aus E-Mail und Social Media. In der Rubrik „Akte Wichs“ geißelt er Phrasen und Redewendungen wie „Da könnt’ ich mich reinsetzen“, „Ich hab einen Anschlag auf dich vor“, „asap“, „Ich danke Ihnen“, „Danke für die Frage“, „Du musst deine Komfortzone verlassen“ und dergleichen als haarsträubenden Unfug, indem er sie beim Wort nimmt und Erzählungen daraus spinnt.

Kein Filmkritiker, sondern ein Kinogeher, der Nachos mit Käsesoße futtert

Anbetungswürdig sind seine saloppen Besprechungen alter Filme in der Rubrik „Kammanochmakucken“, in der er vor dem jeweiligen Filmplakat solche, Obacht: Perlen wie „Karate Kid“, „Shining“ und „Stirb langsam“ dekonstruiert, nicht als Filmkritiker, sondern als Kinogeher, der Nachos mit Käsesoße futtert. Als schlagfertiger Interviewer befragt er Bärbel Schäfer, Dietmar Bär, Laura Karasek, Ruth Moschner, Michael Mittermeier und Sarah Bosetti. „Nicht: Ich war ein Fan deines Vaters“, sagt er zu Laura Karasek. „Auch wenn er stofflich nicht mehr zur Verfügung seht: Ich bin ein Fan deines Vaters.“

Bei „Spiel’s noch einmal, Sam“ demonstriert er die Spielsachen seiner Kindheit, etwa den Miniaturhai mit großer Klappe, aus der man winzigen Müll angeln muss. Da könnt’ man sich reinsetzen.

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