Willander schaut fern: Sophie Passmanns „Studio Orange“ beim RBB

Alle Menschen lesen gern! So kann man niedrigschwellig im Bunker über Literatur reden

Es war keine Überraschung,als das Bild aufploppte,vdas Sophie Passmann undvdas Logo des RBB zeigt. „Studio Orange“vist eine neue Literatursendungvmit zwei Gästen, die je einvvon ihnen geschriebenes und ein anderes Buch, meistens ein älteres, mitbringen. Sophie Passmann, die neunundzwanzigjährigste Frau der Welt, moderiert. Sie steht auf dem Dach des Kraftwerks, eines Betonbunkers in Berlin, und beginnt einen Monolog über Literatur (steht in den Regalen von Systemgewinnern, man kann auch niedrigschwellig über Literatur reden, man muss nicht wissen, was „Exegese“ bedeutet), öffnet eine Tür, steigt in einen Lastenaufzug, redet immer noch, geht Treppen hinunter und gelangt zu einem Leuchtvorhang, hinter dem die Gäste und das Publikum sitzen.

Zum Beispiel Mithu Sanyal und Michel Friedman. Das sind nun Menschen, die wissen, was „Exegese“ bedeutet, und mit denen man nicht niedrigschwellig über Literatur spricht. Passmann möchte Friedman – wie alle ihre Gäste – duzen, vor drei Jahren hat sie ihn schon einmal bei der Buchmesse getroffen. Er erinnert sich nicht an sie. „Ich habe die Haarfarbe gewechselt“, sagt Passmann. „Warum?“, fragt Friedman einfühlsam „Liebeskummer!“, ruft sie, und Friedman sagt, wie aus der Pistole geschossen: „Oh shit!“ Sie duzen sich.

Michel Friedman spricht über sein Buch „Fremd“. Zunächst sagt Sophie Passmann, dass es sich um ein rührendes Gedicht über das Fremdsein auf 180 Seiten handle, sie habe nicht damit gerechnet. Friedman sagt: „Es ist kein Gedicht.“ Es sei auch nicht immer Michel Friedman, der da spricht. Er kenne sich selbst nicht. Andererseits sprach er kein Deutsch, als er nach Deutschland kam, er hatte Verbrennungen dritten Grades, er kam nicht in Frankfurter Diskotheken. Friedman sagt, er habe nur einen Bruchteil seiner Verletzungen aufgeschrieben.

Mithu Sanyal hat ihr Buch über Emily Brontë mitgebracht. „Wuthering Heights“ lernte sie in der Jugend durch Kate Bushs Song kennen. Das Lied hörte sie beim Sex. „Der Sex war gut, die Beziehung nicht so“, sagt sie. Der Junge betrog sie. „Was ist passiert?“, fragt Michel Friedman. „Wir wussten nicht, dass die Beziehung es wert war, beschützt zu werden.“ Sophie Passmann wirft sich theatralisch auf ihrem Ledersessel nach hinten. Fortsetzung folgt bei „Studio Orange“!

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates