Amy Winehouse :: Lioness: Hidden Treasures

Gar keine Frage: Natürlich hätte sich Amy Winehouse gewünscht, dass diese Songs das Licht der Welt erblicken! Insofern muss man „Lioness: Hidden Treasures“ unbedingt als einen Freundschaftsdienst begreifen. Huldigend zu Diensten waren die liebe Familie sowie die Plattenfirma in Kooperation mit Mark Ronson und Salaam Remi. Jene Produzenten also, mit denen die begabteste und schillerndste Soul-Sängerin unserer Zeit vor allem gearbeitet hatte.

Nur schade, dass es sich um einen Freundschaftsdienst in der Art handelt, wie er auch dem Rapper Tupac Shakur insgesamt siebenmal zuteil wurde: Der Kern dieses Albums besteht aus anderthalb neuen Songs. Der erste, „Between The Cheats“, entstand, man glaubt es kaum, angeblich unter Drogen und verhandelt die Betrügereien des Blake Fielder-Civil, wie die „Sun“ hysterisch dröhnt. Man weiß ja, dass die Sängerin zuletzt kaum noch in der Lage war, im Studio zu arbeiten. Aber dieser Song vermittelt einen Eindruck davon, warum der nächste musikalische Schritt auch jenseits der offensichtlichen Gründe zur Bürde wurde: „Cheat“ klingt wie ein unentschlossener „Back To Black“-Outtake, mehr vom Gleichen in weniger gut. Die Single „Like Smoke“, der zweite „neue Song“, wurde nachträglich um einen Part von Nas erweitert. „I’ll be out in London, Camden/ Huntin’ for the answers, why did God take away the homie?“, rappt er unverdrossen. Tja, vielleicht unter anderem, weil die Schonungslosigkeit, mit der die Winehouse von ihrem raffgierigen Vater und anderen ausgebeutet wurde, stets in der Art geschah, nach der auch dieses Album kompiliert wurde.

Der Rest? Alternativ-Versionen bereits geläufiger Stücke, das sattsam bekannte Tony-Bennett-Duett „Body & Soul“, Standards wie „Will You Still Love Me Tomorrow“ und sogar der totgenudelte Hotelbar-Klassiker „Girl From Ipanema“. Nein, Gefangene wurden hier nicht gemacht. Eine Ahnung davon, was Winehouse noch hätte leisten können, vermittelt dann eine derangierte, aber berückend intensive Version von Leon Russells „A Song For You“ aus dem Jahre 2009.

Danach räsoniert sie noch über den Ur-Interpreten Donny Hathaway, der ihr mehr bedeutete als Marvin Gaye – eine Stimme aus dem Geisterreich, ein letzter Gruß in die Tiefe der schwarzen Nacht. „The first posthumous compilation album by Amy Winehouse“, steht bei Wikipedia. Klingt wie eine Warnung.

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