1967 rief der Song „My Friend Jack“ von SMOKE die Moralapostel auf den Plan. Nun gibt’s ein Remake des Skandal-Hits

Die eine Geschichte geht so: Nach Katmandu gefahren, zusammen mit Eberhard Schoener und Thomas Stein, dem Chef der Plattenfirma BMG. Sitar kaufen wollen, um die Grifftechniken aufzubessern, die man vor einer halben Ewigkeit mal von Ravi Shankar gelernt hatte. Zusammen gesessen, zusammen gegessen. Über das gequatscht, was man die „good old days“ nennt. Etwa so:

Stein: „Wie hieß die Band noch, in der Du damals gespielt hast?“ Mal Luker: „Smoke.“ Stein: „Und was gespielt?“ Luker: „Leadgitarre hieß das früher.“ Stein: „Und wie hieß dieses Stück von euch?“ Luker: „,My Friend Jack‘.“ Stein: „Das müßt Ihr nochmal machen!“ Kellner: „Anything else?“

Und die andere Geschichte ging so: 1967 waren Smoke eine erfolgversprechende, junge Band in England. Hatten ein paar gute Demos und einen Sponsor und bald darauf einen Vertrag und eine Debütsingle: „My Friend Jack“, flott und griffig und gerade so hymnisch, daß man es prima mitsummen konnte. Leider hatte es aber auch einen Text: „My friend Jack eats sugarlumps, oh what beautiful things he sees/he’s on a voyage across an ocean/waves of his mind are set in motion/lost in a wonderland his feet don’t touch die ground.“

Tipper Gore würde heute gähnen – vor 30 Jahren lösten diese Zeilen jedoch eine ziemliche Paranoia aus. Denn längst machten sich Bands einen Spaß daraus, in einem bewußt zweideutigen Acid-Head-Argot chiffrierte Hinweise auf Dope, Pot oder LSD in ihren Texten unterzubringen, die nur von Insidern entziffert werden konnten. Jedenfalls dachte man das. Aber ziemlich schnell kamen auch die anderen dahinter, Elternvereine und Pastoren und Tories, und promt begann eine muntere Hexenjagd, bei der man selbst da fundig wurde, wo gar nichts zu finden war („Lucy In The Sky With Diamonds“ ist der wohl berühmteste Fall: Obwohl der Song nichts mit LSD zu tun hat, sondern von einem harmlosen Kindergemälde inspiriert wurde, wird er auch 30 Jahre später noch immer gerne als Paradebeispiel ins Feld geführt).

Zweimal mußte Smokes Texter und Sänger Mick Rowley auf Betreiben der Plattenfirma den Song umschreiben, weil der die Geschichte vom Zuckerwürfel-essenden Jack zu heikel war. Zweimal ließ er sich überreden und entschärfte. Rowley kann sich noch genau dran erinnern: „Ich hab damals wirklich gedacht, damit sei die Sache erledigt.“

Doch da war leider Gottes der Bischof von London vor – den jedenfalls hat Rowley als Organisator dieser Hetzkampagne ausgemacht „Und dann haben sie uns einfach als Prügelknaben genommen“. Die Yellow Press heulte auf zum Schütze von Jugend und Vaterland („My Friend Jack‘ should be banned!“ forderte der „Sunday Express“, „This Discraceful Disc!“ klagte der „Sunday Mirror“). Und die BBC bannte prompt den Song – drei Wochen in den Charts, dreimal Platz 45, das war’s auch schon.

Jimi Hendrix habe ihm später erzählt, in Kalifornien sei die Single ein Underground-Turntable-Hit gewesen (denn auch die Amis durften derart gefahrliche Zeilen nicht im Radio hören), und Jagger und Richards hätten ihm aufmuntern auf die Schulter geklopft. „Ich habe LSD nur vom Hörensagen gekannt“, sagt Mick Rowley. Und: „Wir waren soo naiv damals.“ Die Karriere war trotzdem beendet, zumindest in England. In Deutschland, Frankreich und Holland hingegen tanzten sie monatelang zu „My Friend Jack“.

Zurück zur ersten Geschichte. 30 Jahre später, und 10 000 kontinentale Freunde von Jack haben die garstigen Sechziger merkwürdigerweise überstanden, ohne in der Psychiatrie gelandet zu sein. Und der Smoke-Gitarrist Mal Luker kommt mit der Sitar aus Katmandu zurück und ruft zuerst Mick Rowley an und dann die anderen Bandmitglieder, und schon ist die neue Version von „My Friend Jack“ im Kasten. Und gleich noch fünf weitere Titel, damit wenigstens eine Maxi-CD namens „Smoke This“ daraus wird. Von „My Friend Jack“ ist das übrigens nicht das erste Remake: Schon 1976 gab es eine Auferstehung. In Frankreich. „Mon ami Jaques qui mange du sucre“. Naja.

Wer war dieser ominöse Jack eigentlich ? „Mein Hund hieß so“, gesteht Rowley. – Hätte eben Chappi statt Zückerchen fressen sollen, die süße Töle.

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