4. Yesterday

Autor: McCartney | Aufgenommen: 14. und 17. Juni 1965

Veröffentlicht: 14. September 1965

5 Wochen; Nr. 6

Die Melodie, die zur meist gecoverten der Pop-Geschichte werden sollte, trug erst einmal den Titel „Scramble Eggs“, und die Geschichte dieser Melodie begann mit einem Traum. „Ich fiel buchstäblich aus dem Bett“, erinnerte sich McCartney. „Ich hatte dort gleich ein Klavier stehen, und ich muss den Song geträumt haben, weil ich aus dem Bett stolperte, meine Finger auf die Tasten legte und die Töne sofort im Kopf hatte. Alles war da, von Anfang bis Ende.“

Die Melodie war so stimmig, dass er den Verdacht hatte, unbewusst bei einem Song geklaut zu haben. Er ließ den Song monatelang in der Schublade liegen, spielte gelegentlich ein paar Takte für George Martin und Ringo Starr, fragte sie: „Könnte das was werden?“

Martin erinnert sich, den Song bereits im Januar 1964 gehört zu haben – also noch vor dem ersten Besuch in Amerika, „auf jeden Fall“ – so Lennon – „existierte er bereits einige Monate, bevor wir ihn fertigstellten.“

Es dauerte lange, bis McCartney für die provisorische Zeile „Scrambled eggs/ Oh, my baby, how I love your legs“ Ersatz gefunden hatte. Bei einem Urlaub mit seiner Freundin, der Schauspielerin Jane Asher, wurde er fündig. Der Text artikuliert ein vages Gefühl von Melancholie und Bedauern und sollte zum „rundesten Song werden, den ich je geschrieben habe.“

Die Umsetzung im Studio erwies sich als komplizierter. Wie George Martin erklärt, „war es nicht der typische Song für drei Gitarren und ein Schlagzeug. Deshalb sagte ich zu Paul:, Lass uns zunächst nur die Gitarre sowie deinen Gesang aufnehmen und dann weiter überlegen.‘ Nach einigen Versuchen, einmal mit Lennon auf der Orgel, machte Martin einen unorthodoxen Vorschlag: „Ich erinnerte mich an meinen Geigenunterricht und sagte: ‚Warum versuchen wir es nicht mal mit Streichern? Die müssen ja nicht automatisch schmalzig sein‘. Paul sagte nur:, Lass mich bloß mit diesem Mantovani-Schmus in Ruhe.‘ Ich schlug daraufhin vor:, Wie wäre es mit einem Streichquartett?'“

McCartney war noch immer nicht überzeugt: „Ich sagte George:, Willst du mich auf den Arm nehmen? Wir sind eine Rock-Gruppe!‘ Doch er sagte:, Lass es uns versuchen, und wenn es dir aufstößt, werfen wir es weg und kehren zu Gesang und Gitarre zurück.‘ Also setzte ich mich ans Klavier und schrieb mit ihm die Arrangements, dann nahmen wir es auf und – klar – waren rundum glücklich damit.“

Die Aufnahme zeigte deutlich, dass die Band bereit für neue Stilrichtungen war. „Yesterday“ signalisierte der Welt, dass die Beatles – wie Rock’n’Roll überhaupt – zum Quantensprung von schnoddriger Jugendlichkeit hin zu literarischer Reife angesetzt hatten.

Nach der Session nahm George Martin Manager Brian Epstein zur Seite und fragte, ob der Song nicht als McCartney-Solo veröffentlicht werden sollte, da keiner der anderen an der endgültigen Aufnahme beteiligt war. Epstein antwortete knapp: „Es sind die Beatles. Wir grenzen in der Band niemanden aus.“ Die Band war allerdings noch immer unsicher und verzichtete in England auf eine Single-Veröffentlichung. „Der Song war uns ein bisschen peinlich“, so McCartney. „Schließlich waren wir eine Rock’n’Roll-Band.“

In den USA stieg „Yesterday“ umgehend auf Platz eins der Single-Charts. (Der Titel gehörte zu den sechs Tracks, die Capitol nicht auf die US-Version von „Help“ gepackt hatte.) Er ist im Beatles-Katalog der mit Abstand populärste Song und wurde über 2500 Mal gecovert – eine Tatsache, die Lennon missfiel: „Wenn ich ein Restaurant betrete, spielen die Bands, Yesterday‘. In Spanien musste ich einmal die Geige eines Typen signieren, der gerade, Yesterday‘ darauf gespielt hatte. Er wollte nicht glauben, dass ich mit dem Song nichts zu tun hatte. Aber er konnte vermutlich nicht von Tisch zu Tisch gehen und dabei ‚I Am The Walrus‘ spielen.“

Auf dem Album: „Help“

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