Electric Junk

Cherry Red (VÖ: 18.4.)

Ein Sampler mit Abseitigem aus Deutschland.

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Es gab eine Zeit, da musizierte niemand so kompromisslos wie deutsche Bands. Alles begann damit, dass in den Sechzigern der Rock in die Republik kam, wo er auf offenste Ohren stieß. Die meisten Musiker waren vertraut mit der E-Musik von Stockhausen, Lachenmann oder Kagel. Als sie mit Psychedelic konfrontiert wurden, mit Bands wie Jefferson Airplane oder Velvet Underground, entstand eine Art künstlerisches Vakuum. Einerseits sogen sie die freiförmigen Jams der amerikanischen Vorbilder auf. Andererseits führten sie die konzeptuellen Ideen der Modernen Klassik fort.

Es eint sie der Drang zur kompromisslosen Musik

Heraus kam eine Musik ohne Grenzen, genannt Krautrock. In diese Zeit reist jetzt „Electric Junk – A Journey Through Deutsche Rock, Psych And Kosmiche, 1970–1978“ zurück. Auf vier CDs tummelt sich die alternative westdeutsche Musikszene der Siebziger, von Tangerine Dream über Novalis bis Achim Reichel. Es fiele leicht, von Krautrock zu sprechen. Doch Can, Kraftwerk oder Neu! sucht man hier vergeblich.

Stattdessen bietet „Electric Junk“ Abseitigeres. Wie zum Beispiel den Gitarren-Psych „Brain Brain“ von Silberbart, mit freejazzigen Drums und kreischendem Gesang. Oder Lavas „Piece Of Peace“, das den Space-Rock von Hawkwind mit pinkfloydiger Anmut vereint. Zwei obskure Bands, die ihre teutonische Motorik mit extremeren Klängen variierten. Und obwohl alle Künstler aus Deutschland stammen, könnten die Klänge nicht gegensätzlicher sein. Mal rauschen wild verzerrte Riffs vorbei („Dreams And Nightmares“ von Message), mal ergießen sich Wasserfälle des Wohlklangs („Ah!“ von Popol Vuh). Die einen erforschen orchestralen Bombast (Triumvirat), der andere karge Elektronik (Roedelius). Es eint sie der Drang zur kompromisslosen Musik.

Diese Review erschien im Rolling Stone Magazin 5/25.