Jehnny Beth

„You Heartbreaker, You“ – Wie Juckreiz

Fiction (VÖ: 29.8.)

Die Savages-Sängerin mit einem Wut-Album von besonderer Güte.

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Die Savages-Sängerin stimmt ihr zweites Soloalbum mit einem gellenden Schrei an. Der wirkt wie eine Befreiung – aber nicht nur für die Person, die ihn ausstößt, sondern auch für den Hörer, der sofort weiß, worauf er sich hier einlässt, und somit seinen Freifahrtschein in die Welt der Camille Berthomier erhält. Eine Welt voller gebrochener Menschen, die im Ausnahmezustand leben, aber sich auch entsprechend wehren können und die negative in positive Energie umzuwandeln verstehen.

Ein rauschendes Werk wie ein Manifest

Die umtriebige Französin, die auch als Schauspielerin, Moderatorin, Autorin und vor allem aber als Chronistin des Lebens fungiert, wollte unbedingt ein Album zur Zeit aufnehmen: ein Gitarren-Punk-Album im Sinne der Idles, das vor Dynamik nur so birst. Angetrieben von einer Dringlichkeit, die sich anfühlt wie ein schlimmer Juckreiz unter der Haut. Vorhaben gelungen! Alles auf Anfang gedreht – und dabei noch die richtig(e) rohe Noise-Rock-Mischung aus Nine Inch Nails und PJ Harvey gefunden. Und hätten die Bush Tetras in ihrer Hochzeit Industrial-Einflüsse gekannt … Eine Heavy-Metal-Festival-Tour mit den Queens Of The Stone Age hinterließ gleichfalls ihre positiven Narben. Wenn wir mit einer gebrochenen Rippe atmen müssen, dann lernen wir das eben!

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Jehnny, die herkömmliche Beziehungen ablehnt, kann aber auch um Zuneigung flehen. „No one is born with a hole in the heart“, konstatiert sie im programmatischen „Obsession“. Alldieweil sie sich in „Stop Me Now“ zurücknimmt und ein ganz „normales“ Gitarrensolo zulässt. Ein rauschendes Werk wie ein Manifest. Jehnnys Lebenspartner in allen Dingen, Johnny Hostile, hat ihre Wünsche als Produzent im gemeinsamen Haus in Frankreich umgesetzt – und man merkt: die beiden verstehen sich nach zwanzig gemeinsamen Jahren sozusagen taub

Diese Review erschien zuerst im Rolling Stone Magazin 9/2025.