Trump: „Viele Leute sagen, vielleicht wollen wir einen Diktator!“

Trump behauptet, er wolle eigentlich kein Diktator sein – doch die letzten sieben Monate erzählen eine andere Geschichte

ROLLING STONE Badge
Empfehlungen der Redaktion

Donald Trump regiert seit seiner Rückkehr ins Amt im Januar wie ein Autokrat. immer wieder ignoriert er den Kongress, die Verfassung und sämtliche Kontrollinstanzen. Am Montag ließ er im Oval Office bei der Unterzeichnung von Erlassen sogar die Idee anklingen, die USA könnten sich in eine vollwertige Diktatur verwandeln.

Trumps Diktator-Rhetorik

Trump beantwortete Fragen zur militärischen Übernahme Washingtons, D.C., die er vermutlich auf weitere Städte wie Chicago ausweiten will. „Wie Sie wissen, ist Chicago derzeit ein Schlachtfeld, und sie wollen es nicht anerkennen“, sagte der Präsident in Richtung des demokratischen Gouverneurs J.B. Pritzker und anderer Politiker, die den Einsatz von Truppen ablehnen. „Sie sagen: ‘Wir brauchen ihn nicht! Freiheit! Freiheit! Er ist ein Diktator! Er ist ein Diktator!’“

„Viele Leute sagen, vielleicht wollen wir einen Diktator“, behauptete Trump, bevor er erklärte, er wolle keine Diktatur. „Ich bin kein Diktator“, so Trump. „Ich bin ein Mann mit gesundem Menschenverstand und eine kluge Person.“

Dabei hatte er im Wahlkampf 2024 mehrfach betont, er wolle „nur am ersten Tag“ ein Diktator sein. Dass der Präsident der Vereinigten Staaten nun auch nur andeutet, die Amerikaner könnten lieber von einem Autokraten regiert werden, ist erschreckend.

Trump zeigt bislang keinerlei Respekt gegenüber dem Kongress als gleichwertiger Gewalt, ebenso wenig akzeptiert seine Regierung Urteile der Bundesgerichte. Er hat eine Vielzahl verfassungswidriger Dekrete erlassen – darunter vergangene Woche eines, das den Bundesstaaten vorschreiben soll, wie sie ihre Wahlen organisieren, obwohl dies nicht in den Aufgabenbereich des Präsidenten fällt. Am Montagmorgen unterzeichnete er zudem eine Anordnung, die das Verbrennen der Flagge mit einem Jahr Gefängnis bestraft – ein direkter Angriff auf den ersten Verfassungszusatz und im Widerspruch zur Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.

Autokraten als Vorbilder

Überraschen sollte das nicht: Trump hat immer wieder Autokraten wie Wladimir Putin oder Kim Jong-un gelobt. Auch ehemalige Regierungsmitglieder warnen. John Kelly, früher Heimatschutzminister und Stabschef im Weißen Haus, erklärte vor der Wahl 2024, Trump „bevorzuge eindeutig den diktatorischen Ansatz“.

„Wenn man die Definition von Faschismus betrachtet – eine rechtsradikale, autoritäre, ultranationalistische Ideologie mit einem diktatorischen Führer, zentralisierter Autokratie, Militarismus, gewaltsamer Unterdrückung von Opposition und dem Glauben an eine natürliche gesellschaftliche Hierarchie – dann passt das ziemlich gut“, sagte Kelly der „New York Times.“ „In meiner Erfahrung sind das genau die Dinge, von denen er glaubt, dass sie Amerika besser regieren würden.“

Angriff auf Gegner und Kritiker

Die ersten Monate seiner zweiten Amtszeit bestätigen Kellys Einschätzung. Besonders sichtbar sind derzeit Militarismus und Unterdrückung von Opposition. So nahm das FBI am Freitag den ehemaligen Berater John Bolton ins Visier, der Trump öffentlich kritisiert hatte. Das Justizministerium leitete zudem Ermittlungen gegen die New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James und den demokratischen Senator Adam Schiff ein – beides langjährige Gegner des Präsidenten. Auch Ex-Präsident Barack Obama solle untersucht werden, forderte Trump.

Am Montag erklärte er zudem, das Militär sei bereit, in Chicago und andere liberale Hochburgen entsandt zu werden, wo er seinen Willen durchsetzen wolle. Auf die Frage, ob er auch gegen den Willen der Gouverneure Truppen schicken würde, antwortete Trump: „Das tue ich.“ Auf Nachfrage, ob das Pentagon vorbereitet sei, erwiderte er: „Wir sind überall einsatzbereit.“

Ryan Bort schreibt für den ROLLING STONE USA. Hier geht es zum US-Profil