Sam Altman: „Am Ende tun wir alle das, was uns ein KI-Assistent sagt“
Im Gespräch mit Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner im Podcast „MD Meets“ erläutert OpenAI-Gründer Sam Altman Chancen und Risiken von Künstlicher Intelligenz.
Es ist nicht so, dass Sam Altman die potentielle Bedrohung, die von Künstlicher Intelligenz ausgeht, verschweigt. Der Chef von OpenAI, dem Unternehmen hinter dem global meistgenutzten KI-Assistenten ChatGPT, warnte schon vor zwei Jahren vor der Gefahr durch Desinformation.
Sie könnte bereits jetzt Auswirkungen auf Wahlen haben und autoritäre Regime, die KI nutzen, in die Hände spielen. Vor dem US-Kongress bat er nur Monate später in einem Aufsehen erregenden Schritt darum, dass Künstliche Intelligenz frühzeitig reguliert wird, bevor eine Superintelligenz außer Kontrolle gerät.
Soweit ist es noch nicht, doch selbst technisch unerfahrene Nutzer der zahlreichen KI-Chatbots dürften erkannt haben, dass die Fortentwicklung der Künstlichen Intelligenz innerhalb kürzester Zeit erstaunlich ist.
Die Möglichkeiten, sie zu nutzen, scheinen derzeit nahezu unendlich: KI könnte in Zukunft nicht nur Informationen liefern, sondern unsere innere Verfassung erkennen; von KI erkannte individuelle Muster von Geist und Körper dürften zu personalisierten Heilmethoden führen und KI könnte in Echtzeit komplexe Gesellschaften simulieren, um politische, ökologische oder ethische Experimente durchzuspielen, was zu sehr viel größeren Handlungsspielräumen für Politiker führen würde.
Sam Altman fragt: Wer kontrolliert KI?
Im Gespräch mit Mathias Döpfner, Vorstandschef von Axel Springer, stellt Altman, zuvor ausgezeichnet mit dem Axel Springer Award, ebenfalls die Fortschritte von Künstlicher Intelligenz und KI-Assistenten heraus („Dies war das Jahr, in dem ich glaube, dass die KI klüger geworden ist als wir“), bleibt aber auch skeptisch. Der 40-jährige Tech-Visionär ist der erste Gast in Döpfners neuem Podcast „MD Meets“ (Premiere: 01. Oktober), der authentische Dialoge zu zentralen Fragen der Gegenwart bieten will.
Altmans größte Furcht derzeit ist, dass KI falsch eingeschätzt wird. „Das Modell übernimmt eher zufällig die Kontrolle über die Welt“, erklärt er und meint damit, dass viele Entscheidungen und Informationsangebote von ChatGPT und anderen Chatbots angenommen werden, weil man ihnen schlicht vertraut. Doch KI denke „um die Ecke“ und erkenne Zusammenhänge, die vielen Menschen verborgen bleiben. „Am Ende tun wir alle das, was uns ein KI-Assistent sagt. Zumindest diejenigen, die am wettbewerbsfähigsten sein wollen.“
Mit anderen Worten: Erkennt die KI, welche Wirkung sie erzeugt, fließt auch das in die Trainingsdaten mit ein. Am Ende bleibt die Frage: Wer kontrolliert all das dann noch? Denn: „Unsere technologischen Möglichkeiten rennen unserer Weisheit davon.“
Ein wichtiger Teil des Gesprächs zwischen Altman und Döpfner dreht sich mit Blick auf die Entwicklungen der Kriege in der Ukraine und Nahost um den militärischen Einsatz von Künstlicher Intelligenz. „KI verändert das Bild der Kriegsführung in diesem Jahrzehnt erheblich“, prophezeit der OpenAI-Chef. Er glaubt, dass Armeen die Möglichkeiten noch nicht voll verstanden haben. Altman: „Wenn der letzte Krieg mit Gewehren geführt wurde, nehmen sie an, dass der nächste ebenfalls mit Gewehren geführt wird. Doch dies wird nicht so sein.“
Auf der Hand liegt da natürlich, dass „schlechte Akteure“, wie Altman sie nennt, Künstliche Intelligenz für aggressive Zwecke einsetzen könnte. Die Lösung sieht der Softwareentwickler darin, bessere KI in die Hände von guten Menschen zu legen. In diesem Zusammenhang bekräftigt Altman, dass es wichtig sei, mit Rüstungsunternehmen zusammenzuarbeiten.
Wenn jedoch eine Superintelligenz entsteht, könnten Menschen ohne technologische Unterstützung hilflos sein. „Aber“, so Altman, „wenn alle guten Menschen ebenfalls Superintelligenz haben, dann bleibt hoffentlich das Kräfteverhältnis in der Welt erhalten – und da es mehr gute als schlechte Menschen gibt, setzt sich das Gute durch.“
Dass KI-Systeme längst über das hinausgehen, was viele sich vorstellen, sei bereits jetzt Fakt. Altman: „In den meisten Teilen der Welt wird immer noch nur ChatGPT verwendet. Dabei gibt es längst Systeme, die in schwierigen Aufgaben selbst die klügsten Menschen übertreffen.“ KI sei längst mehr als ein Chatbot und eine Rechenmaschine und schon bald in der Lage, einen tiefgreifenden Wandel für Wirtschaft und Forschung zu ermöglichen.

Verleger Döpfner will für seinen Podcast „MD Meets“ auch in Zukunft einflussreiche Persönlichkeiten und Vordenker unserer Zeit aus Politik, Wissenschaft, Kunst, Technologie und Wirtschaft ins Gespräch bringen. Dabei verspricht er auch „völlig Unerwartetes“.