Phil Collins: „No Jacket Required“ – viel besser als sein Ruf

Phil Collins' Erfolgsalbum „No Jacket Required“ mit erstmals auf Vinyl erhältlichen Extras

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Das Jahr 1983 gehörte Bowie, Police und Michael Jackson, 1984 Prince, dem Boss und Madonna. 1985 aber wurde nicht das Jahr dieser extravaganten Popstars, sondern dieses untersetzten, kahlköpfigen Briten, der schon 34 war und Kellnerhemden trug.

Vor seinem dritten Soloalbum „No Jacket Required“ hatte der Genesis-Sänger sich freigesungen vom Schmerz, den er nach seiner Scheidung empfand. Lediglich „Doesn’t anybody stay together anymore“ erinnert an die Wut, betrogen worden zu sein.

Abgesehen davon war sein „Live Aid“-Jahr 1985 von Dance geprägt. Aber erstmals schaute er sich die Moves ab. Für „Sussudio“ entnahm er dem Prince-Hit „1999“ die Fanfaren, „One More Night“ war Michael Jacksons „Human Nature“ entlehnt. Martin Scorsese nutzte diesen Nummer-eins-Song für sein Billard-Drama „Die Farbe des Geldes“. Was für Viele die Frage aufwarf, ob Collins nun ganz oben angelangt war, oder Scorsese ganz unten.

Warum all der Hass auf Phil Collins?

„No Jacket Required“ markierte den Beginn des scheinbar globalen Hasses auf Phil Collins, gerade weil er wie der Nachbar von nebenan auftrat, aber goldene Lieder schreiben konnte und trommelte wie kein anderer – Collins sah nahbar aus, aber war in seinen kombinierten Fähigkeiten unerreicht. Keinem anderen Star wäre es gelungen, auf „Take Me Home“ gleichzeitig zu singen und Schlagzeug zu spielen. Vielleicht aus Bescheidenheit ließ er im Sting-Duett „Long Way To Go“ die Drums weg.

Die Vinyl-Neuauflage enthält B-Seiten, Live-Aufnahmen und Demos, dazu einen Dolby-Atmos-Mix vom nicht aus dem Weg zu räumenden Steven Wilson, der mittlerweile mehr Mixe alter Klassiker als eigene Songs erschaffen haben dürfte. Ein 1980er-Fanboy ohnegleichen.