Marco Wanda: Sind Folter-Fantasien von der Meinungsfreiheit gedeckt?

Zoff um Anschuldigungen gegen das Buchdebüt des Sänger! Der Live-Booker von Wanda fühlt sich zu Unrecht als Unhold beschuldigt.

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Die Literaturkritik über das Debütwerk von Marco Wanda „Dass es uns überhaupt gibt“ fiel überwiegend wohlwollend aus. Der Zsolnay Verlag, der zum renommierten Verlagshaus Hanser in München gehört, bezeichnet das erste Buch des Wiener Rocksängers als „literarisches Selbstporträt und bestechend ehrliches Buch über das Leben.“

Nun bekommt das wortmächtige Innenwelt-Opus, das mit einem gerüttelt Maß an Pathos, Melancholie und Selbstreflexion aufwartet, heftiges Sperrfeuer von der Waterkant.

Unter der Instagram-Headline: „Über Kollegialität. Triggerwarnung: Gewaltdarstellung“ rückt der langjährige Konzert-Booker aus Hamburg das Wanda-Werk in eine weit weniger kunstvolle Ecke.

Backseat-PR-Macher Sebastian Król reagiert damit auf die mit drastischen Folter-Fantasien garnierten Vorwürfe Wandas in seinem Quasi-Roman, dass es die Live-Agentur gewesen wäre, welche die Band in „einen übererfüllten Tourplan“ gezwängt hätte. Die Rede ist auch von derben Zeichnungen, die von einer bestimmten Person der Firma angefertigt wurden und ihn dabei zeigen, wie ihm Schmerzen zugeführt werden.

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„Es ist eindeutig, dass es sich hierbei um meine Person handelt, und ich frage mich, ob ich zu befangen bin, um diese Zeilen als unerträglich zu verwerten. (…) Mein Anwalt formulierte es so: Die Verletzung der menschlichen Würde ist nicht von der freien Meinungsäußerung gedeckt und zum Objekt für Mord- und Folterfantasien gemacht zu werden, ist die größtmögliche Abwertung, die ein Mensch erfahren kann.“

Marco Wanda will gar nichts streichen lassen

Es gab darüber bereits einen Austausch mit juristischer Unterstützung. Eine Streichung der introspektiven Folter-Fantasien werde es nicht geben, sagt das Wanda-Lager. Der Verlag wiederum hält in dieser Causa bewusst den Ball flach und hofft darauf, dass sich die Sache letztlich im Sande verläuft.

Die offensichtliche „Enttäuschung“ des Bookers, für deren Erfolg er „sich aufgerieben hat“, steht hier dem großen Ego von Marco Wanda gegenüber, der sich sein epochales Großsprech nicht durch (durchaus ernst zu nehmende) Kritik von der Seitenlinie vermiesen lassen will.

Ralf Niemczyk schreibt freiberuflich unter anderem für ROLLING STONE. Weitere Artikel und das Autorenprofil gibt es hier.