Springsteen-Biopic „Deliver Me From Nowhere“ spaltet US-Kritiker

Ein faszinierendes Künstlerporträt oder ein filmisches Missverständnis?

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„Deliver Me From Nowhere“ kam nach einer weltweiten Werbekampagne, gründlichen Faktenchecks durch die Medien und der offiziellen Veröffentlichung der legendären „Electric Nebraska Sessions“ in die Multiplex-Kinos. Bruce Springsteen selbst war regelmäßig am Set zu sehen.

„Jeremy Allen White war sehr, sehr tolerant mir gegenüber, wenn ich am Set erschien“, sagte Springsteen gegenüber Rolling Stone. „Ich sagte zu ihm: ‚Hör mal, wenn ich dir im Weg bin, gib mir einfach ein Zeichen und ich mache mich auf den Weg nach Hause.‘“

Trotz der hohen Erwartungen verlief der Start an den Kinokassen enttäuschend: Weltweit spielte der Film nur 16,1 Millionen Dollar ein – bei Produktionskosten von 55 Millionen Dollar. Ob sich das Projekt noch rentiert, hängt nun von positiver Mundpropaganda und möglichen Preisnominierungen ab.

Kritische Stimmen: Geteilte Reaktionen auf „Deliver Me From Nowhere“

Der von Scott Cooper inszenierte Film hält auf Rotten Tomatoes eine Zustimmungsrate von 60 Prozent – ein Indikator für gemischte Reaktionen. Die meisten Kritiker lobten Jeremy Allen White als Springsteen und Jeremy Strong als Manager Jon Landau, bemängelten aber die enge zeitliche Fokussierung auf 1981–1982 sowie den psychologischen Ansatz auf Kosten der Musik.

Rolling Stone: „Weitaus fesselnder als eine Greatest-Hits-Show“

David Fear vom Rolling Stone fragt: „Was werden Springsteen-Fans davon halten?“ Einige Zuschauer empfänden den Film als „zu düster“, andere wünschten sich mehr musikalische Szenen wie jene, in der Bruce und die Band Born in the U.S.A. einspielen. Trotz Schwächen biete Cooper laut Fear „etwas weitaus Fesselnderes als eine Live-Action-Zusammenstellung seiner größten Hits“.

New York Times: „Das Unaussprechliche sichtbar machen“

Manohla Dargis von der New York Times hebt Whites Darbietung hervor: „White versucht gar nicht, Springsteen ähnlich zu sehen – stattdessen fängt er dessen Charisma und innere Zerrissenheit ein. In einem Film voller Musik sind die stillen Momente die eindringlichsten – jene, in denen Bruce zwischen Einsamkeit und Rückkehr zur Welt schwankt.“

Vulture: „Einblick in den kreativen Prozess“

Bilge Ebiri (Vulture) lobt den Fokus auf den Entstehungsprozess von Nebraska: „Der Film zeigt Kreativität als etwas Trauriges, Beängstigendes, manchmal Unkontrollierbares und Destruktives. Allein deshalb ist er sehenswert.“

Variety: „Melancholische Ballade über ein gescheitertes Land“

Peter Debruge (Variety) sieht in Nebraska keine Popmusik, sondern „etwas zutiefst Zynisches über das Amerika der Reagan-Ära“. Springsteen habe „eine ungeschminkte Wahrheit“ geliefert – „eine melancholische Ballade über das Scheitern des amerikanischen Traums“.

The New Yorker: „Faszination bleibt aus“

Richard Brody vom New Yorker kritisiert die fehlende Tiefe in der Darstellung des kreativen Prozesses:
„Man bekommt keinen Eindruck davon, wonach Bruce während seiner Aufnahmen sucht oder wie er seine Songs ausgearbeitet hat. Die entscheidenden Momente seiner Arbeit werden nur angedeutet.“

Wall Street Journal: „Ein kitschiges Psychogramm des Boss“

Kyle Smith (Wall Street Journal) findet, der Film werde „der windgepeitschten Strenge des Albums nicht gerecht“.
Er bemängelt „kitschige Regieeinfälle“ wie die Szenen, in denen Springsteen seinem jüngeren Ich begegnet, und spricht von einer „ermüdenden Seelenrolle“ Whites sowie einer „übertriebenen Darstellung“ Jeremy Strongs.

Washington Post: „Ein halbwegs guter Film über ein großartiges Album“

Chris Richards (Washington Post) beschreibt Deliver Me From Nowhere als „langsamen, launischen, gelegentlich schwerfälligen Film über den nichtlinearen Akt des Musikmachens“. Die bedeutungsvollsten Szenen seien jene, „in denen Springsteen allein in seinem Haus am Wasser sitzt und mit sich selbst ringt“. Springsteens ständige Präsenz am Set habe dem Projekt zwar Authentizität verliehen, aber auch die Frage aufgeworfen, ob der Musiker sich „noch einmal bestätigt sehen wollte – durch Hollywoods Pomp und Kitsch“.

Fazit: Authentisch, aber nicht erleuchtend

Andy Greene schreibt für den ROLLING STONE USA. Hier geht es zum US-Profil