Die Jahre eifernder Sozialarbeit sind vorbei – die Australier Midnight Oil haben sich jetzt behutsam umorientiert

„Beds Are Burning“, „Blue Sky Mining“, diese Hits dürften in unseren Ohren nachhallen, wenn der Name Midnight Oil fällt Manchmal hört man sie noch im Radio, wenngleich sie alsbald aus den Playlisten der formatierten Sender verbannt werden dürften, denn im nächsten Jahr, so sagt es die eiserne Regel der Musikweit, feiern diese Songs ihren zehnten Geburtstag und gelten somit gemeinhin als Oldies.

Eine schockierende Nachricht, dürfte man normale Maßstäbe anlegen. Für Peter Garrett, Sprachrohr und charismatischer, stets barfüßiger Frontmann von Midnight Oil, sind derlei Überlegungen jedoch müßig. Soeben tourte die Band durch deutsche Lande und freute sich über ausverkaufte Konzerthallen und begeisterte Fans, denen es scheinbar egal ist, ob ihre Band vom Zug der Zeit überrollt wurde.

„Es ist schon lustig. Immer, wenn ich nach Deutschland komme, sprechen mich die Journalisten zuerst auf ‚Beds Are Burning‘ an“, lacht Garrett und streicht sich über den spiegelglatten Glatzkopf. „Ganz anders ist es, wenn wir zu Hause Interviews geben. Meistens sitzen wir in lockerer Runde zusammen, erzählen Anekdoten aus den letzten Jahren, und keiner fragt noch nach den Hits.“ Keine Frage, auf dem australischen Kontinent gelten die liebevoll „Oils“ genannten als Nationalhelden, die sich seit nunmehr 15 Jahren mit unbeirrbarer Konsequenz um die ökologischen wie politischen Probleme ihres Landes kümmern.

Außerhalb dieses geschlossenen Mikrokosmos reichte es bisher jedoch nur zu jenem kurzem Aufbäumen, als das von Warne Livesey produzierte Album „Diesel And Dust“ auch über die Grenzen Australiens hinaus vom Ruhm Midnight Oils kündete. Das Nachfolgewerk „Blue Sky Mining“, wiederum betreut von Livesey, konnte den Exotenbonus erhalten, doch bereits „Earth And Sun And Moon“, welches sich erneut den eher sperrigen Anfangen zuwandte, wurde von der Gunst europäischer Käufer verschmäht. „Breathe“, erstes Lebenszeichen nach dreijähriger Pause, abgesehen vom Live-Album“.Scm/m In Blue“, setzt nur spärlich neue Akzente, bietet seßhaften Gitarrenrock mit weniger polemisierenden Texten. Fast gewinnt man den Eindruck, als würden Midnight Oil mit Macht versuchen, ihr Image als agitpropagierendes Sprachrohr und Verfechter der Rechte australischer Ureinwohner loszuwerden.

Steht am Ende gar Resignation? „Ich denke schon, daß es ein ruhigeres Album geworden ist. Weniger lautstarkes Lamento, dafür mehr subtile Klänge. Aber Resignation? Klar, wenn man nur die letzten drei Alben betrachtet, dann fallt es schon auf, dann muß ein reiner Fun-Song übers Wellenreiten ins Auge stechen,“ schmunzelnd Garrett wissend und verweist erneut darauf, daß es innerhalb der Band schon immer so gewesen sei, daß sich die Themen im Laufe der Jahre geändert hätten. „Es ist einfach ein Unterschied in der Wahrnehmung. Dir hier in Europa seht vielleicht nur die großen Aktionen, wie unser spontanes Konzert vor dem Exxon-Hauptquartier, kurz nach der Ölkatastrophe. Zuhause spielen wir von jeher für unsere Freunde am Strand. Ich selbst bin seit Jahren begeisterter Surfer und liebe es, mich treiben zu lassen. Es wäre unnormal, wenn wir alle nur ständig über die Probleme der Welt brüten würden.“

Recht so, denn die ökologischen Verbrechen und rassistischen Ungerechtigkeiten, so die durchaus weise Einsicht Garretts, „werden ohnehin nicht von uns gelöst werden. Wir können nur ab und zu einmal einen Finger auf die Wunden legen.“ Viel wichtiger erachtet der Familienvater jedoch die Erziehung seiner Kinder. Sie seien es schließlich, die den Bewußtseinssprung vollziehen müssen, um die Erde vor dem sicheren Untergang zu bewahren. „Ich finde es gefährlich, wie die moderne Gesellschaft einen Geist der Schnellebigkeit erschafft. An der Musikszene kannst du beobachten, wie wir darauf gedrillt werden, immer nach neuen Thrills Ausschau zu halten. Kaum etwas hält sich länger als ein Jahr, dann wird es von MTV zugrundegerichtet Das überträgt sich auf unsere Kinder, die mit diesem Zeitgeist aufwachsen. Als Eltern sollten wir darauf achten, den Kindern zu vermitteln, daß es konstante Werte gibt, die man erhalten mußt, wie zum Beispiel die Natur.“

Oder Bands wie Midnight Oil?

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