Rotation aus Prinzip

Im analogen Knistern, so sagen die einen, steckt die ganze Seele der Musik, die Atmosphäre, der Raum, die Aura. Die anderen haben einfach nur Spaß daran, das Schwarze Gold auch noch Jahrzehnte nach seiner offiziellen Ausmusterang weiter zu sammeln, zu hegen und zu pflegen. Beide Analog-Fraktionen brauchen hin und ¿wieder neue Plattenspieler, auch heute noch. Der ROLLING STONE hat sich im einschlägigen Angebot umgeschaut. Da gibt es auf der einen Seite ein verblüffend breites Angebot an Billig-Playern zu Preisen von knapp über 100 Euro — nicht nur bei einschlägigen Fachhändlern, sondern immer öfter auch im Sortiment von Kaffeeröstern und ähnlichen Großverteilern. Zum anderen wirbt die High-End-Szene unverdrossen mit sündhaft teuren Prunkbauten.

Beide Arten von Scheibendrehern stehen hier nicht im Fokus. Sich mit den ganz billigen zu befassen, lohnt nicht: Sie ruinieren Plattenrillen und quälen das Gehör. Die Beschäftigung mit der Rolls-Royce-Klasse hat ihren Reiz, aber Hand aufs Herz: Bringen wir wirklich das nötige Kleingeld zusammen, um einschlägige Träume in die Tat umzusetzen?

So bleibt die solide Mittelklasse als Thema der Wahl. Hier tummelt sich eine ganze Reihe veritabler Klassiker, die bis heute nichts von ihrem Charme verloren haben. Einer von ihnen zählt zu den letzten Namensträgern der legendären Marke Technics. Er heißt SL-1210MK2 (Foto rechts), entstammt einer ganzen Dynastie von extrem robusten Dauerläufern und gilt in der DJ-Szene als unverzichtbares Utensil. Dazu prädestiniert ihn ein direkt angetriebenes Laufwerk, das mit enormem Drehmoment quasi aus dem Stand zur Soll-Drehzahl hochläuft, und ein handlicher Schieberegler hilft, die Geschwindigkeit feinfühlig und stufenlos zu justieren. Als echte Puristen-Maschine hat der Technics keine Automatik-Funktion; es gilt also, den S-förmigen Tonarm von Hand in der Rille abzusenken. Die Robustheit des Profi-Plattespielers bewährt sich auch im Wohnzimmer: Dort braucht dieses Gerät voraussichtlich keinen Nachfolger mehr. So gesehen, ist auch sein Preis von rund 500 Euro (ohne Tonabnehmer) akzeptabel.

Puristische Geräte ganz anderer Art gibt es bei Pro-Ject, einem unter HiFi-Insidern hoch geschätzten Hersteller (www.pro-ject-shop.de). Schon Einsteiger-Modelle wie der Pro-Ject Debüt III (ab 230 Euro in vielen Farben erhältlich) klingen ausgezeichnet, bieten allerdings keinerlei Komfort. Selbst der Drehzahl-Wechsel auf das Single-Tempo erfordert Handarbeit: Man muss dazu den Antriebsriemen mit einem kleinen, mitgelieferten Werkzeug umlegen. Immerhin: Abhilfe schafft die Speedbox, ein Extra-Kästchen für 97,50 Euro, das dem Motor den Drehzahl-Wechsel elektronisch vorgibt. Besonders interessant ist die speziell aufgerüstete Variante Pro-Ject Debüt III/Phono-USB (325 Euro). Das Modell hat einen Phono-Vorverstärker samt Digitalisierer an Bord, der den Ton als Bitstrom über das USB-Kabel an einen Computer weiterleiten kann. So lassen sich die analogen Schätze in die iTunes-Ära retten.

Es gibt aber auch noch die guten alten Vollautomaten, die den gesamten Abspielprosess selbständig erledigen. Zwei Traditionsmarken spielen in dieser Gerätekategorie immer noch mit: zum einen Dual, zum anderen Thorens. Die ursprünglichen Eigner dieser Marken mussten längst vor der digitalen Zeitenwende kapitulieren, aber Nachfolge-Unternehmen halten die HiFi-Fahne hoch und pflegen bewähre Modellreihen. Details verrät der gemeinsame Vertrieb Sintron Audio (www.sintron-audio.de). Zu den schönsten Dual-Schätzchen gehört das Modell CS 455-1 M, ein Plattenspieler, der unter anderem auch mit massivem Nussbaum-Korpus (um 400 Euro) zu haben ist. Bei Thorens repräsentiert der riemengetriebene TD 190-1 (um 330 Euro) eine ähnlich gelungene Kombination von Wohlklang und Automatik-Komfort.

Auch bei Denon hält sich noch ein solider Vollautomat im Sortiment, dem hellhörige Tester stets runden, vollmundigen Klang nachsagen. Das DP-300F genannte Modell (um 300 Euro) besticht zudem mit einem höchst sinnvollen Ausstattungsdetail: Es hat eine Phono-Verstärkerstufe an Bord, die für die nötige Entzerrung sorgt und den Signalpegei auf das Niveau von CD-Playern anhebt. So funktioniert dieser Plattenspieler auch an modernen Verstärkern, die keinen speziellen Phono-Eingang mehr haben.

Für Zeitgenossen schließlich, die ihre Vinylaktivitäten ohne inneren Konflikt mit der Musikverarbeitung am Rechner vereinbaren können, hat die einschlägige Industrie noch weitere interessante Lösungen parat. Eine heißt iVinyl, stammt von Terratec, kostet 129 Euro und macht, genau wie die USB-Version des Pro-Ject-Plattenspielers, aus Analog-Signalen Digitalinformationen für den Rechner. Das kleine Kästchen hat also einen Phono-Eingangtür Magnet-Tonabnehmer und einen USB-Ausgang, der die digitalisierte Musik an den PC liefert.

Ist das Wunsch-Repertoire dann auf der Festplatte gelandet, so nimmt sich eine SpezialSoftware wie das Programm Music Cleaning Lab 2008 deluxe von Magix (um 40 Euro, www.magix de) gern ihrer weiteren Nachbehandlung an: Rauschen, Knistern, Knacksen — alles bügelt das Programm feinfühlig weg, ohne über Gebühr in den tönenden Inhalt einzugreifen.

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