Thea Gilmore – Rules For Jokers

Nein, diese 21-Jährige aus Oxford gehört gewiss nicht zu „all the batsqueak singers selling fake hope to the sleeping“, die sie in „Apparition No. 12“ gleich zum Auftakt ihres immerhin schon dritten Albums frech attackiert. Wie erfrischend, hier vielmehr eine junge, hellwache Songwriterin zu hören, die nicht bloß um den eigenen Nabel oder in der ewigen Mühle des Geschlechterkampfes kreist. Und dabei noch Liebesmalheure vom Format eines „The Things We Never Said“ zu schreiben versteht. Poetisch prall, aber auch mal mit patentem Witz schießt Thea Gilmore ihre kleinen, giftigen Pfeile ab, mitten hinein in den Alltag von Uncool Britannia, der in „Seen It All Before“ nicht nur „Kerosene Kathy“ auf der Strecke bleiben lässt. Dabei steht ihr die akustische Gitarre ebenso gut wie manch delikates Arrangement Und spritzig gerockt wird auch noch („This Girl Is Taking Bets“). Joker wie Gilmore brauchen halt keine Regeln. 4,0 Stephen Bruton Spirit World (BLUE ROSE/IN-AKUSTIK) Mal ehrlich: Was ist von einem Mann zu halten, der einen „Porno Synth“ zum Klingen bringt? Bei aller Selbstironie, die da durchaus mitschwingt, gereicht es „Spirit World“ doch zum Vorteil, dass sich Co-Produzent Mark Goldenberg (Jackson-Browne-Gitarrist) zu zügeln weiß und sein „technischer Firlefanz“ (Bruton) den Blick auf den Songwriter Stephen Bruton nicht komplett verstellt. Der schrieb die hübsch mit Bläsern garnierte Elegie Just A Dream“ quasi über dem Totenbett von Drummer-Kumpel John „Mambo“ Trainor. Was aber ein paar jenseitige Platitüden im Repertoire kaum entschuldigen dart Besser ist der langjährige Kristofferson-Gitarrist auch auf seinem vierten Solo-Album immer dann, wenn er zu knackiger Gitarre einen klugen Blick aufs Hier & Jetzt wirft („Make That Call“, „Liar Out Of bu“). Das große (Country-)Finale „The Best Is et To Come“ wäre (nach „Getting Over bu“) eine weitere Steilvorlage für Willie Nelson. Aber der hat ja gerade Schlechteres zu tun.3,0 Diverse Caught In The Webb (AUDIUM/KOCH) Heuchelei liegt in der Luft, wenn Nashville mal wieder glaubt, sich vor einer Ikone der großen Honky-Tonk-Ara verneigen zu müssen. Nicht so in diesem Fall, hielt doch mit Gail Davies eine standhafte Webb-Pierce-Expertin die Tribute-Fäden in den Curb Studios in der Hand. Dort agierte letzten Sommer, pünktlich zum zehnten Todestag, fast durchgehend eine Hausband um Gitarrist Kenny Vaughn und Drummer Bob Mumme«, was dem 21-Song-Reigen die nötige Sound-Homogenität gibt. Unter diesen Rahmenbedingungen trauten sich neben Lokalgrößen wie George Jones, Allison Moorer, Pam Tu-Os sogar ausgewiesene Nashville-Renegaten wie Dale Watson, Dwight Yoakam und Robbie Fulks in die Höhle der Verräter, um Ehre zu erweisen, wem Ehre gebührt. Und das nicht nur, weil Webb damals den ersten Pool in Gitarrenform im Garten hatte. 3,5

Anders Osborne

Break The Chain

(SHANACHIE/KOCH)

Wäre ja auch em kleines Wunder gewesen, wenn Anders Osborne kaum ein Jahr nach seiner letzten Großtat, „Ash Wednesday Blues“, schon wieder einen Anwärter für die Jahresbestenliste aufgefahren hätte. JBveak The Chain“ wirft vielmehr einen Blick zurück auf die frühe Karriere des Gitarristen und Songschreibers aus New Orleans, der 1994 noch den Blick für das große Ganze vermissen ließ. Bleiben ein passables Van-Morrison-Cover („Stoned Me“) sowie zwei, drei gelungene Songs wie „Having A Good Time Too“, die Kommendes ahnen lassen .2,5

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