Ace Ventura II/James Bond:GoldenEye

Steve Oedekerk/Martin Campbel

Leben und sterben lassen in Hollywood. In der Woche vor dem Truthahn-Tag Thanksgiving, an dem Amerika im Tischgebet Gott für den Patriotismus und Profit dankt, sprengte ein Maulwurf die Kinokassen. Es waren keine Kommunisten. Der alerte Agent 007 schoß am ersten Wochenende bei seiner 18. Aktion „GoldenEye“ mit 26 Millionen Dollar Umsatz an die Spitze – und die Nummer eins „Ace Ventura – Jetzt wird’s wild“ ab. Jim Carreys zweite Geschmacksentgleisung als total bekloppter Tierdetektiv hatte mit etwa 37 Millionen Dollar den zweitbesten Jahresstart nach „Batman Forever“, verlor aber dann 48 Prozent Marktanteil. Andere verloren in diesem Herbst fest alles: Rund 400 Millionen Dollar fehlen den kalifornischen Kinobörsianern nach Desastern von big budgets wie „Assassins“, „Strange Days“ oder „Showgirls“. Außer „Sieben“ mit Brad Pitt und John Travolta in „Get Shorty“ wurden auch etliche kleine Film-Fische von James und Ace gnadenlos gefressen.

Ansonsten läßt Ace Ventura keine Tiere sterben. Als trotz seiner Hilfe ein Waschbär im Gebirge abstürzt, geht er zur Buße ins tibetische Exil. Dort wird der hypermotorische Schnüffler gebeten, in Afrika eine entführte heilige Albino-Fledermaus aufzuspüren, damit kein Krieg zwischen zwei Stämmen ausbricht. Mehr ist über diesen Film nicht zu sagen. Der Rest ist Jim Carrey. „Von Null auf Held“ hieß 1994 der Untertitel seines zweiten Films „Die Maske“. Beides illustriert Carreys phänomenale Karriere und komisches Prinzip. Wie seine Streifen kam der Grimassen-Dadaist aus dem Nichts. Seit „Dumb And Dumber“ und „Batman Forever“ erhält er 20 Millionen Dollar für seine brachiale Blödelei, da sein Name einen Film für 40 Millionen Dollar ohne Marketing vom Start an saniert. Der kapitale Kasper entsetzt Kritiker, den sie mit Jerry Lewis vergleichen. Carreys entfesselter Slapstick gemahnt auch an Klamotten der Stummfilmzeit. Laurel und Hardy waren ebenso billige Faxenmacher mit höherer Rendite als der Tragikomödiant Buster Keaton. Anders als der Chaoten-Cop Leslie Nielsen, der in „Die nackte Kanone“ mit nonchalantem Nonsens die Welt in den Wahnsinn treibt und die eigene Beschränkheit nicht begreift, inszeniert Carrey sich als cooler, cleverer Clown. Sein konservativer Klamauk ist auch bei Parodien auf „Cliffhanger“ und „Congo“ politisch korrekte Anarchie, seine virilen Verrenkungen und infantilen Kalauer behalten selbst im Aggressiven etwas liebenswert Absurdes. Die genialischen Gebärden des Gummigesichts erstaunen. Obwohl es immer nur die eine Mimik ist.

Bond hat viele Gesichter und ist doch immer derselbe. Dem proletarischen Sex-Symbol Sean Connery folgte der Dressman George Lazenby kurz in den Geheimdienst ihrer Majestät, vom Snob Roger Moore erhielt der Shakespeare-Schöne Timothy Dalton die Lizenz zum Töten – und die Doppelnull wurde zur Nullnummer. Apokalypse-Allegorien wie „Terminator“ und Action-Krimis wie „Stirb Langsam“ ließen Bonds Universum als Männermärchen und dekadenten Spielplatz erscheinen – was die erfolgreichste Reihe des Kinos nie verleugnete und in den 60er und 70er Jahren niemanden störte. Für die Kids der 80er jedoch war „Indiana Jones“ mit seinen Achterbahn-Abenteuern der bessere Bond. Lediglich Connery konnte in „Sag niemals nie“ mit Alterslakonik und Selbstironie ein letztes Mal den eigenen Mythos bewältigen.

In England ist Bond ein nationales Relikt. Sein Ritual „Martini mit Wodka. Aber geschüttelt, nicht gerührt“ wird zitiert wie nur Hamlets Verzweiflungsfrage „Sein oder nicht sein?“. Denkmalpflege war den Inhabern der Rechte zu teuer. Immerhin waren Bonds Initialien ein Markenname wie Coca-Cola und Levis und die größte britische Exportware neben den Beatles und BP – bis Dalton mit „Der Hauch des Todes“ floppte. „GoldenEye“ ist wieder eine Goldgrube: In Deutschland wurden die Werberechte für 40 Millionen Mark an den Devotionalienhandel verkauft. BMW hat seinen Roadster Z3 im Film plaziert, das Bond-Thema stimmt Tina Turner an. Und die Queen war wie immer bei der Londoner Premiere.

Diesen Kino-Abend hat sie Pierce Brosnan zu verdanken – dem ersten Ami ab Bond. Bislang fiel er nur durch die TV-Serie „Remington Steele“ auf, ist jedoch smart und seriös genug für die Traditionsrolle. Bond zehrt von der Wiederholung des Substantiellen, was die Macher eine Hommage an die Frühwerke nennen, tatsächlich aber Pflichtsache ist Anfangs eine spektakuläre Szene – Bonds Bungee-Sprung von einem sowjetischen Staudamm. Sechs Jahre danach ein Wettrennen auf Serpentinen im Aston Martin gegen einen Ferrari der Ex-KGB-Killerin Xenia (Famke Janssen), die mit Schenkeldruck tötet. Casino, Martini, erste Spur vom Komplott eines Russen-Generals (Gottfried John), der tödliche Schallwellen-Satelliten manipuliert. Termin beim kauzigen Bastler Q (Desmond Llewelyn). Die Schlußszene und eine Panzer-Verfolgungsjagd in San Petersburg sind modernstes Krawumm-Kino und doch stets behäbig. Miss Moneypenny ist jung und emanzipiert, M eine Frau. Nach dem Kuschelsex fragt Natalya, warum er so kühl wirke: „Das hält mich am Leben.“ Und im Familienkino. Das weckt Sehnsucht nach Sean Connerys Flirt mit Pussy Galore. Brosnan will Quentin Tarantino als nächsten Bond-Regisseur. Pulp sells. Solange das Geld stimmt, wird James Bond überleben. Jim Carrey wird bis zum Overkill jeden Penny fordern. Er weiß: Man lebt nur zweimal.

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