Album-Guide Joni Mitchell: Diese Platten müssen Sie kennen

Rangliste der Alben der genialen Singer-Songwriterin Joni Mitchell – von wehmütigem akustischem Folk zu komplexem Jazzpop und darüber hinaus

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Wie kaum eine andere Künstlerin ihrer Generation sind Joni Mitchells Songkunst und Aufnahmen essenzielle Karten, Baupläne und Bezugspunkte geblieben, die Maßstäbe setzen, wie tief ein Song emotional gehen oder wie viel musikalische Erfindungskraft er enthalten kann. Ihr Schatten flackert durch neue Arbeiten von Taylor Swift, Lana Del Rey, FKA Twigs, Vagabon, Joan Shelley, Aldous Harding … die Liste ließe sich fortsetzen. Aber das wird sie auch immer. Ein Leitfaden zu einem unverzichtbaren Gesamtwerk.

Must-Haves: „Ladies of the Canyon“ (1970)

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Der genaue Moment, in dem sich Mitchell vom bloßen Folk-Wunderkind zu etwas Tieferem wandelt, geschieht, wenn „Morning Morgantown“ in „For Free“ übergeht, mit seinen blauen Klavierakkorden und dem jazzigen Klarinetten-Coda. Die abschließende Trilogie machte sie zum Star: der muntere Öko-Albtraum „Big Yellow Taxi“; die melancholische Feier von „Woodstock“, Hommage und Nachruf auf die Träume ihrer Generation; und „The Circle Game“, ihre Antwort auf Neil Youngs „Sugar Mountain.“

Must-Haves: „Blue“ (1971)

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Der Höhepunkt von Mitchells bekenntnishaftem Schreiben. „Blue“ ist ein scheinbar folkiges Set voller berauschender Melodien, atemberaubender (wenn auch oft unsichtbarer) Synkopierung und Texten von überwältigender Intimität. „Songs are like tattoos“ („Lieder sind wie Tätowierungen“), singt sie im Titelstück. In der Tat ist jeder hier unauslöschlich – keiner mehr als das exquisit traurige Weihnachtslied „River“ und „A Case of You“, geschrieben mit ihrem Ex Leonard Cohen im Sinn und gespielt mit ihrem Ex James Taylor an der Gitarre. „Meine Sachen sind überhaupt keine Männerfantasien“, bemerkte sie einmal. „Sie sollen Männer ein wenig informierter machen.“

Must-Haves: „Court and Spark“ (1974)

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Das platonische Ideal eines bestimmten L.A.-Sounds der 1970er: ein Garten aus glänzendem, jazzigem Pop, bepflanzt mit seltsam harmonisierten Chorblüten. Als Popsongwriterin war Mitchell nie effektiver: Ihre meistverkaufte Platte, sie verkaufte sich in einem Jahr 2 Millionen Mal. Wenn die Musik verspielt, ja auffällig ist, sind die Texte bis ins Mark tief; „Down to You“ steht ihren dunkelsten Momenten in nichts nach. In „Twisted“, in der Stimme einer Erwachsenen, die sich an ihr dreijähriges Ich erinnert, bekräftigt sie: „Ich wusste, dass ich ein Genie war.“ Wenn noch Zweifel bestanden, wurden sie mit diesem LP begraben.

Must-Haves: „The Hissing of Summer Lawns“ (1975)

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Diese Avant-Pop-Wendung nach „Court and Spark“ war ihr nächstes Meisterwerk, obwohl es damals nur wenige erkannten. Mitchell verlagerte ihre Perspektive vom Inneren nach außen, kehrte den männlichen Blick um und sah Amerikas Herz der Finsternis direkt an. Die Arrangements sind komplex, geschichtet und harmonisch dicht, doch die Musik strömt so natürlich wie ein Bach. Mit ihrer radikalen Mischung aus Samples, Synthesizern und Burundi-Trommeln hallte „The Jungle Line“ durch den Pop der Achtziger (siehe Bow Wow Wows „I Want Candy“). Superfan Prince soll es einmal „das letzte Album, das ich ganz geliebt habe“ genannt haben.

Further Listening: „Clouds“ (1969)

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Hier tritt Mitchell vollständig als Künstlerin, Arrangeurin, Produzentin und Songwriterin in Erscheinung. „Chelsea Morning“ und „I Don’t Know Where I Stand“ wurden bereits von Fairport Convention gecovert, und Judy Collins landete mit „Both Sides Now“ einen Top-10-Hit, aber Mitchell eignete sich die Stücke hier an. „Songs to Aging Children Come“ nahm Kate Bushs schwindelerregende Harmonien vorweg. Und „The Fiddle and the Drum“, zweifellos eines der besten Antikriegslieder aller Zeiten, ist nach wie vor so aktuell wie eh und je.

Further Listening: „For the Roses“ (1972)

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Ein weiteres Übergangsalbum – hier erweitert Mitchell ihre Palette. Jazzige Blasinstrumente sind in die Struktur der Songs eingewoben, nicht nur als Codas angehängt; mehrspurige Vokalchöre werden komplexer; James Burton fügt sumpfige E-Gitarren hinzu. Mit dem Rückzug der Sechzigerjahre funkeln die Songs vor Ernüchterung. Kaum eine Ruhm-Reflexion geht so tief wie der Titeltrack oder schaut so kühl wie „Blonde in the Bleachers.“

Further Listening: „Miles of Aisles“ (1974)

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Veröffentlicht im Gefolge des Court and Spark-Jackpots, dokumentiert Mitchells erstes richtiges Livealbum ihre Jungfernfahrt mit einer Tourband: den geschmeidigen SoCal-Jazzern L.A. Express. Am besten ist es, wenn sie sich zurückhalten – was zum Glück oft der Fall ist – und sie in Material eintaucht, das sie seit Jahren lebt – insbesondere herzzerreißende Versionen von „Blue“ und „Last Time I Saw Richard“, letzteres mit Mitchell als salziger Thekenkraft zur Sperrstunde.

Further Listening: „Hejira“ (1976)

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Ihr Melodieverständnis wird durchscheinender, während sie sich ganz dem Jazz zuwendet. Jaco Pastorius tritt mit seinem bundlosen Bass auf; seine gesanglich anmutenden Linien prägen „Coyote“, eine schonungslose Beobachtung männlichen Paarungsverhaltens mit gewohnt atemberaubend bildhaften Texten: „Er nimmt meinen Geruch an seinen Fingern wahr / während er den Kellnerinnen auf die Beine starrt.“

Further Listening: „Don Juan’s Reckless Daughter“ (1977)

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Die Jazz-Elemente vertiefen sich. Das 16-minütige „Paprika Plains“ enthält Pastorius und Weather-Report-Kollege Wayne Shorter. Das Coverbild von Mitchell im Blackface stieß viele vor den Kopf. Doch es verpackte eine komplexe Anklage gegen kulturelle Heuchelei und Rassismus: Siehe das impressionistische „Dreamland“ mit Gesang von Chaka Khan.

Going Deeper: „Song to a Seagull“ (aka Joni Mitchell) (1968)

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Das ist Folk-Musik ihrer Zeit, aber zugleich außerhalb davon. Die Stimme ist verziert, träumerisch und schön, entgegen ungewöhnlichen Akkordwechseln. Produziert von David Crosby mit leichtem Touch (wenn auch unglücklicher Dumpfheit), ist es immer noch hauptsächlich sie und ihre Gitarre. Die wunderschönen Melodien erinnern an englischen Folk und fanden Anklang jenseits des Atlantiks: „I Had a King“ wurde eine von mehreren Joni-Inspirationen für Led Zeppelins „Going to California.“

Going Deeper: „Mingus“ (1979)

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Mit dem ikonischen Charles Mingus kurz vor dessen Tod aufgenommen, war dies Mitchells Vertiefung in den Jazz, sie schrieb Texte zu Mingus’ Signature-Stück „Goodbye Pork Pie Hat“ und zu einigen Songs, die er speziell für sie schrieb. Das Highlight ist „The Dry Cleaner From Des Moines“, eine Glücksspielgeschichte über dummes Glück mit wilden, glucksend-humorvollen Bläsersätzen von Pastorius, dessen Basslinie so blendend funky ist, dass sie zum Formmodell wurde.

Going Deeper: „Shadows and Light“ (1980)

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Ein doppeltes Livealbum mit einer All-Star-Band, darunter der flüchtige Jazzgitarrist und ECM-Records-Gewinn Pat Metheny. Die Originale stammen aus der Zeit nach „Court and Spark“, bis auf ein zartes „Woodstock“ und ein beschwingtes „Free Man in Paris“, beides Erinnerungen daran, dass Mitchell das „Anheizen der Star-Macher-Maschinerie hinter dem Popsong“ zunehmend weniger interessierte. Und die Persuasions helfen ihr, zu Frankie Lymon zu werden bei einem charmanten, pointierten „Why Do Fools Fall in Love.“

Going Deeper: „Wild Things Run Fast“ (1982)

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Mit einem Set liebesfixierter Songs betritt Mitchell spielerisch die Achtziger – Beginn ihrer Langzeitbeziehung mit Bassist-Produzent Larry Klein. Ihre Stimme ist noch in Topform, sie bezieht Inspiration aus Bibel („Love“) und Elvis Presley (eine ausgelassene Coverversion von „[You’re So Square] Baby, I Don’t Care“).

Going Deeper: „Both Sides Now“ (2000)

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Die erste von zwei Veröffentlichungen, die Mitchells gereifte, rauchige Stimme mit Orchesterarrangements verbinden. Es ist eine Freude, sie Standards wie „At Last“ singen zu hören (der Song, den Beyoncé ein Jahrzehnt später beim Ball zu Präsident Obamas Amtseinführung singen sollte). Und der abschließende Titeltrack, den Mitchell über gesammelte Weisheit schrieb, als sie noch in ihren Zwanzigern war, ist ein tränenreicher, perfekter Kreisabschluss.

Tracks: „Me and My Uncle” (Kanadische TV-Aufnahme, 1965)

Ein Folk-Standard, vorgetragen von der damals unverheirateten Mitchell in der kanadischen Folk-Revival-Show „Let’s Sing Out“. Die Freude, mit der sie vom Erschießen ihres Partners singt, ist unbezahlbar.

Tracks: „Sugar Mountain” (Bootleg-Radioaufnahme, 1967)

Mitchell covert einen frühen Signature-Song von Neil Young, der ein Antwortlied inspirierte, das zu Mitchells eigener Signature wurde: „The Circle Game.“

Tracks: „Carey”/„Mr. Tambourine Man” (Amchitka, 2009)

Aufgenommen 1970 bei einem Greenpeace-Benefit in Vancouver, mit Mitchell, die vom Blue-Liebeslied in ein beschwingtes Dylan-Cover übergeht. Als ihr damaliger Freund James Taylor einsetzt, übernimmt er die Melodie, während Mitchell harmonisch Akrobatik betreibt.

Tracks: „Hunter” (Studio-Outtake, 1970, The Seeding of Summer Lawns)

Auch bekannt als „The Good Samaritan“, ein meisterhafter Ausbruch aus akustischer Gitarre und Gesang über das Schwanken zwischen Angst und Freundlichkeit, angeblich für „Blue“ aufgenommen, später auf dem Amchitka-Album veröffentlicht.

Tracks: „Urge for Going” (Non-LP-Single, 1972)

Ursprünglich aufgenommen von Folksänger Tom Rush auf seinem von Joni geprägten 1968er-Album „The Circle Game“. Mitchell veröffentlichte ihre eigene Version schließlich als B-Seite von „You Turn Me On, I’m a Radio“, einem Top-40-Hit aus „For the Roses“. Einer ihrer besten frühen Songs, später auf dem „Hits“-Album enthalten.

Tracks: „In France They Kiss on Main Street” (Demo, 1975, The Hissing of Summer Lawns)

Diese akustische Version des „Hissing of Summer Lawns“-Juwels deutet ein vollständig durchdachtes Arrangement an, obwohl es nur eine Gitarre und Mitchells mehrspurige Vocals sind, die die kommenden Bläser-Arrangements nachzeichnen.

Tracks: „Speechless” (The Complete Geffen Recordings, 2003)

Ein wortloses, gescattetes Instrumentalstück von 1989, gedacht als französisches Lied im Stil von Édith Piaf. Wurde schließlich zu „Two Grey Rooms“, einem Highlight von „Night Ride Home“ (1991).

Tracks: „It’s All Over Now, Baby Blue” (The Complete Geffen Recordings, 2003)

Ein nebelverhangener, französisch-impressionistischer Zugang zu einem Klassiker ihres alten Freundes Bobby; dieses 1991er-Outtake interpretiert ihn neu – mit dem Mut, den Dylan in seinen Liveversionen oft zeigte.

Tracks: „One Week Last Summer” (Shine, 2007)

Dieses feierliche Stück aus Mitchells jüngstem, wenn nicht letztem Album, gewann einen Grammy als Bestes Pop-Instrumental. Ein schöner Schlussakkord für ein monumentales Œuvre.