Auf ihrem neuen Album outen sich Suede als Patrionten. Substantielles aber erfährt man nicht

Brett Anderson faßt sich an den Kopf. Deutsches Bier bekommt ihm nicht, aber er will Werbung machen für das neue Suede-Album. Also reißt er sich zusammen. „Head Music“ heißt das Werk auch noch. Dabei ist der Sänger zwar für einiges bekannt, aber Köpfchen gehört nicht unbedingt dazu. Er selbst ist natürlich anderer Meinung; „Wir haben doch viel nachgedacht darüber, was wir wollen und was nicht.“ Ein bißchen mehr Elektronik sollte es diesmal sein.

Drei LPs lang hatten Suede schon exzessiv Pathos und Glamour zelebriert, jetzt sollte der Sound „moderner“ werden. Und unbedingt wollte der Sänger weniger persönliche Texte schreiben, weil er die Verletzungen seiner hauchzarten Seele durch Britanniens Presse nicht mehr ertragen konnte.

Beim „Melody Maker zierte er zwar schon den Titel, bevor die erste Suede-Single rauskam, aber glücklich war er mit seiner Situation natürlich noch nie. Schon schlimm, das Leben als Popstar. „Bei jedem neuen Album diskutieren die Leute über andere Dinge als die Musik – über mein Privadeben, über dumme Scherze. Ich komm damit klar, weil man als sogenannter Star halt dauernd im Scheinwerferlicht steht Aber Spaß macht das nicht.“

Nun waren Suede ja auch nicht gerade damit beschäftigt, sich zu verstekken. Ob die Liebe zu Elastica-Sängerin Justine Frischmann oder die Trennung von Gitarrist Bernard Butler – immer erklärte sich Anderson um Kopf und Kragen. Diesmal, so sein Wunsch, „soll man nur über die Songs reden“. Ob das eine gute Idee ist? Ober Lieder zu debattieren, deren Chorus „Give me head, give me head, give me head music instead“ heißt, bei denen sich „cheques“ auf „sex“ reimt („Asbestos“) und alles wahnsinnig bedeutungsschwanger klingt, aber bei genauerem Hinhören so seicht, daß Oasis-Texte plötzlich wie literarische Meisterwerke wirken? Alles Kalkül! Soll genau so sein. „Man darf nie versuchen, zu clever zu sein und zu intelligente Texte zu schreiben, weil die meisten Leute sowieso nicht so genau aufpassen.“

Hier unterbricht Anderson seinen Redefluß kurzzeitig, um aufzuspringen und einer Kellnerin hinterherzupfeifen. „Wow!“ Frauen – immer wieder sein Lieblingsthema. Mal, im Song „Savoir Faire“, beschreibt er sie als „stupid as a mouse“, dann schmachtet er von der großen Liebe. „Von Frauen zu singen ist einfach unverzichtbar. Nicht allein, daß sie 50 Prozent der Bevölkerung ausmachen -das Wort ’she‘ klingt einfach so schön. Viel schöner als ‚he‘.“ Damit beschäftigt sich der Mann also tagelang, wenn er im Studio sitzt. Und zwischendurch denkt er über sein Leben nach und resümiert mit einem Lächern: „Ich bin ganz glücklich mittlerweile, weil ich endlich mit den beiden Seiten meiner Persönlichkeit zurechtkomme – mit dieser eleganten, weiblichen und der höhlenmenschenartigen. Diese Dualität ist doch in jedem.“

In Anderson scheint sie allerdings etwas ausgeprägter zu sein, hat er doch zum Revival des androgynen Glam-Ideals entscheidend beigetragen. Aber nun will Anderson nichts mehr davon hören: „Glamourös bin ich gar nicht Ich sehe nicht so aus, und die Glitzerseite des Geschäfts liegt uns allen gar nicht Ich hänge nicht auf Parties nun.“ Statt dessen macht er sich Gedanken um den Zustand seiner Heimat.

Anderson ist nicht zu stoppen. Er hat noch etwas zu sagen: „Außerdem bin ich ja stolz darauf, ein Brite zu sein. Ich liebe das Land, ich liebe London. Aber Patriotismus ist nicht gleich Nationalismus. Cheers.“

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