#BackToLive: Erdmöbel im Interview – „Tanzen und Anfassen verboten!“

Wie es ist, wenn man als so ziemlich letzte Band auf Tour geht. Ein Gespräch mit Ekki Maas, Produzent und Bassist der Band Erdmöbel.

Ihr seid im Dezember mit eurer Weihnachtsshow auf Tour gegangen, eure bislang letzte. War alles wieder wie früher?
Hahaha, natürlich nicht. Wir hatten immerhin 2021 das Glück, dass die Hälfte unserer Termine nicht abgesagt wurden und unser Publikum hatte das Vergnügen, uns dabei beobachten zu können, wie wir mit den veränderten Bedingungen klarkommen. Halbierte Anzahl, geimpfte und getestete Maskenträger, Tanzen und Anfassen verboten. Es war trotzdem sehr schön und atmosphärisch dicht. Musik kann so was, aber bitte nur ausnahmsweise!

Wie haben die Zuschauer reagiert? Habt ihr gemerkt, dass es eine gewisse Hemmung gab oder im Gegenteil?
Wir merkten auf der Bühne sofort: die sind nicht aus Langeweile hier! Die brauchen das. Entsprechend ernst haben wir unsere kulturelle Aufgabe da genommen. Und entsprechend viel kam dann auch von den Leuten zurück. Aber fast alle Remmidemmi-Stellen im Programm mussten ausfallen und durch eine Ernsthaftigkeit ersetzt werden, die wir sonst in unseren Nicht-Weihnachts-Shows praktizieren. Geht auch. Erste Zurückhaltung vom Publikum gab es, denn plötzlich fiel der enthemmende Blödsinn weg. Aber nicht allzu lang.

Wie viele Konzerte fanden statt, wie viele musstet ihr absagen?
Ungefähr Halbehalbe.

Welche Vorschriften musstet ihr einhalten?
Öfter mal 2G plus bei halbierter Zuhörerschaft. Wir selbst hatten leider auch einen Fall von Corona in der Band (der Posaunist). Wir haben das sehr ernst genommen und anderthalb Wochen Testmarathon absolviert. Henning blieb für 4 Konzerte zuhause in Quarantäne.

Adventskalender Playlist 2021
Die Erdmöbel

Hat sich das am Ende gerechnet oder hattet ihr hohe Umsatzeinbußen?
Ach, über Geld denke ich zurzeit (oder sowieso) lieber nicht nach. Ich glaube, solche Tourneen können sich nicht rechnen. Ein Nightliner nur für ein Konzert? Ist eine Schnapsidee.

Wie seid ihr als Band durch die Pandemie gekommen? Musstet ihr viele Pläne umwerfen?
Zum Glück mussten nur die Weihnachtssachen abgesagt (2020) oder angepasst (2021) werden. Die üblichen Auftritte, die wir außerhalb unserer offiziellen Tourneen sonst immer so machen, sind, bis auf einen, alle flachgefallen. Wir haben in der Zeit zwei Pandemievideos (“Party deines Lebens” und die virtuelle Weihnachtsshow) ins Netz gestellt und zwei Weihnachtssongs (“Beherbergungsverbot” und “Der große Dezember”) plus Video gemacht. Und: Unser neues Album aufgenommen. Es erscheint im Mai. Ein düsteres Werk, wie man sich denken kann. (Oder auch nicht!)

„Pflegeberufe aufwerten! Die Welt wäre dann eine bessere!“

Könnt ihr für 2022 planen oder ist das auch schwierig gerade, weil alles noch ungewiss ist?
Wir gehen wie immer voll ins Risiko und haben eine für unsere Verhältnisse umfangreiche Tour im frühen Sommer geplant. Viele Termine stehen schon. Zum Beispiel holen wir unser im Dezember ausgefallenes Berliner Lido-Konzert am 25. 6. 2022 nach.

Was würdet ihr euch von der Politik wünschen?
Veränderung in Sachen Kapitalismusfreundlichkeit, dass endlich echte Maßnahmen gegen den Klimawandel möglich werden. Vor allem die FDP wird das verhindern. Was die Kultur angeht, ist es wahrscheinlich zu viel verlangt von der Politik, dort etwas bessere Bedingungen für Künstler zu schaffen. Aber das wäre gut. Überhaupt wäre ein bedingungsloses Grundeinkommen eine wunderbare Sache auch für Künstler/Kulturschaffende jeder Sparte. Abgesehen davon, dass das auch generell eine sehr gute Idee ist. Und: Pflegeberufe aufwerten! Die Welt wäre dann eine bessere!

#BackToLive

Wir haben ab 26. Januar einen digitalen Space gestartet, den wir für Bands, Musiker*innen, Veranstalter*innen, Clubs und Solo-Selbstständige im Live-Musik-Geschäft eingerichtet haben. Hier können alle ihre Konzertankündigungen, -verschiebungen und -absagen kommunizieren und sich über Projekte, Jobs und besondere Veröffentlichungen informieren. Hier können auch Statements gemacht und Meinungen diskutiert werden.

Schickt eure Infos und Kommentare (maximal 700 Zeichen) zur (kostenlosen) Veröffentlichung, gern mit Foto, an: backtolive@rollingstone.de. Die BackToLive-Seite findet ihr unter rollingstone.de/backtolive

Matthias Sandmann
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