Bear Stone 2025: Abenteuerreise ins Reich der Stoner

Das Treffen im kroatischen Auenland wird zum heißen Tipp in der europäischen Boutique-Festival-Szene

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Intensive Bluestöne der Band Graveyard rollen über den Fluss Mrežnica in Kroatien. Es ist Probezeit auf der großen Stone Stage. Während die Schweden ihr Programm für das „Bear Stone“ testen, hüpfen ihre Fans in die kühlen Fluten. Oder eiern auf lustigen Paddleboards in Richtung Camp A oder Camp B, den Zeltlagern dieses aufstrebenden Nischen-Festivals, unweit des Reservats Plitvicer Seen.

„Mit einer aktuellen Kapazität von rund 2.000 Besuchern sind wir im europäischen Vergleich natürlich ein Mini-Format. Das Flusstal hier und auch die Musikfarbe sind speziell, so dass wir nur ein moderates Wachstum anstreben. Doch schon jetzt ist unser Publikum sehr international. Jahr für Jahr werden es einige Hundert mehr“, sagt Veranstalter Marin Lalic, der die Flussaue seit 2022 als Musikfan und Aktivist bespielt. Auch der Naturschutz spiele eine wichtige Rolle, was in dieser Kapazität dem Anschein nach gut funktioniert. Keine Müllberge wie anderswo, weit und breit.

Bands und Solisten kommen aus den Bereichen Stoner, Psychedelic, Desert und Acid. Ein undogmatischer Umgang mit den Subgenres sei ihm wichtig, so Bear-Stone-Chef Lalic. Vier Tage Abwechslung in den rockigen Subgenres. Das kroatische Stammestreffen bildet mit dem „Freak Valley“ auf dem AWO-Gelände im Siegerland, „Roadburn“ im niederländischen Tilburg oder dem „Desertfest“ mit Standorten in Antwerpen, London oder Berlin ein eigenes Spektrum in der schillernden Jahres-Saison der Festivals.

Ein Festival mit eigenem Rhythmus

Die Stoner-Community ist reisefreudiges Völkchen. In Kroatien hört man englisch, französisch, italienisch und das österreichische Idiom. Das Mann-/Frau-Verhältnis beträgt etwa 60 zu 40 Prozent. Ein Tribal Gathering mit hoher Tätowierungsrate. Das Festivalticket kostet, je nach Buchungsmodus, 90 Euro, der halbe Liter Bier 4 Euro 50.

Das viertägige Happening mit 44 Bands gruppiert sich um zwei zentrale Abende, an denen die große “Stonestage“-Bühne geöffnet ist. Hier lassen es neben Graveyard auch die norwegische Traditions-Psychedeliker Motorpsycho krachen. Das Frauenquartett Maidavale aus Stockholm eröffnet vielumjubelt den Freitag mit Heavy Psych und Gniedel-Schlenkern zum Krautrock. Stoner-Legende Brant Bjork serviert im Trio die staubtrockene Spielart. Nach ihren Auftritten hängen die Bands ohne Berührungsängste mit den Fans an den Bierbänken ab.

Im Fluss-Auenland spottet man T-Shirt-Bekenntnisse von Metallica über Misfits bis Zappa. Aber auch The Doors sind in diesen Kanon eingemeindet. So gibt es gerne mal eine Ray-Manzarek-Orgeln zu hören. Bei Marc Cidote’s Holy Crab aus Tschechien gar Querflöte und Saxophon. Statt Stoner im Muskelhemd eher Progrock in der 1970er-Prägung. Auch Gentle Giant scheinen atmosphärisch zur verzweigten Familie zu gehören.

Drei Bühnen, ein Fluss, viele Nuancen

Auf der „Jam Stage“ in monumentaler Indiana-Jones-Tempeldeko aus Gips setzen auch Wedge aus Berlin auf Orgel-Einsprengsel. Fudgerock mit Schmiss vom oberpräsenten Sänger Kiryk Drewinsk. Trotz der frühen Uhrzeit wurde wild getanzt. Am Tag danach zerfräsen Karkara aus Toulouse an gleicher Stelle die Lautsprecher mit einem schweren Psychedelic-/Mix.

In der Flussbiegung mit Terrassen-Wasserfall steht die „Millstage“, die kleinste der drei Bühne mit lustigem Holzdach. Hier spielt sich bereits an den Nachmittagen der kroatische und osteuropäische Nachwuchs warm, mit Sounds zwischen Hüsker Dü und Mosh Metal.

Attraktion am Auftakt-Abend: Die Cramps-mäßige Frauenband The Darts aus Kalifornien und Seattle, die bei Jello Biafras Label Alternative Tentacles veröffentlicht und bestimmt in Quentin Tarantinos Notizbuch steht. Der Mix zwischen der (süßlichen) Farfisa Orgel und dem Feedback-Getöse von Gitarristin Rebecca Davidson erweist sich als Kick vor das Schienbein alleroberster Kajüte.

Klangspektrum mit Community-Spirit

Natürlich gehören King Buffalo oder Motorpsycho zu den „bekannteren“ Formationen auch der Klasse von 2025. Monolord, eine Sludge- und Stoner-Doom-Trio aus dem schwedischen Göteborg lassen es mächtig krachen. Doch der Headline-Charakter entfällt beim „Bear Stone“ zugunsten dem Gemeinschafts-Groove. Wanderungsbewegungen im Publikum fallen nicht nach „Prominenz“ aus, sondern eher individuell. Das Gelände ist so organisiert, dass man sich ohne Gedrängel in die „ruhigere“ (Gastro-)Zone zurückziehen kann.

Zum symbolischen großen Ganzen wird die Felswand über der Festivalzone. In der Dunkelheit wird darauf ein riesiges LSD-Bären-Logo projiziert, wie überhaupt Visual Art ein wichtiges Element des „Bear Stone“ ist. Ein Leuchtfeuer im Zeichen der verschärften Rockmusik.

Senja Maric
Milan Sabic

Ralf Niemczyk schreibt freiberuflich unter anderem für ROLLING STONE. Weitere Artikel und das Autorenprofil gibt es hier.