Bei der Mütze des Propheten

Für sein mittlerweile viertes Album ist Badly Drawn Boy wieder in seine englische Heimat zurückgekehrt und zieht zur Karrieremitte erstmals Bilanz

Die Geschichte zur neuen Platte von Dämon Gough erzählt man sich momentan meistens so: Nach dem zwei Alben dauernden Ausflug in die große weite Welt, nach aufsehenerregendem Soundtrack und teuren amerikanischen Studios ist der Badly Drawn Boy zurückgekehrt ins verhältnismäßig provinzielle Manchester, zurück zu Heim, Herd, Frau und Kind. Und hat in einem kleinen Studio um die Ecke eine kleine Platte gemacht, die ans Debütalbum anknüpft und uns unseren Dämon so zurückbringt, wie wir ihn zu Beginn dieser Karriere liebgewannen.

Eine gute Geschichte, findet deren Held – nur wahr sie sie nicht. „Seltsam, was die Leute in meine Platten hineinlesen – wir hatten bei ‚Have You Fed The Fish‘ gar nicht die Absicht, ein irgendwie größer oder teurer klingendes Werk zu machen, und für mich ist diese Platte auch keinen Deut unpersönlicher als die erste – die Gefühle kommen nur in einer anderen Verkleidung heraus.“

Die wahre Geschichte zu „One Plus One Is One“ geht laut Gough viel eher so: Nachdem Badly 2002 mit dem Soundtrack zur Hornby-Verfilmung „About A Boy“ und besagtem „Have You…“ gleich zwei Alben herausgebracht hatte, wollte er mit dem vierten Album innehalten und Bestand aufnehmen – nicht, um zu irgendwelchen Wurzeln zurückzukehren, sondern um den künftigen Kurs besser bestimmen zu können. Und dass dabei eine Platte herausgekommen ist, die wieder mehr nach einem Singer/Songwriter klingt, na ja, das sei eben so. „Es hängt immer an den Songs, die man gerade hat“, wischt Gough alle Hermeneutik vom Tisch, „man schreibt zu einer bestimmten Zeit bestimmte Songs – das Ergebnis hängt von zu vielen Faktoren ab, um eine klare Linie ziehen zu können.“ Einer dieser Faktoren: das Musikzentrum Moulin Rouge im kleinen Städtchen Stockport, keine Viertelstunde von Goughs Zuhause entfernt. Gough hatte hier bereits seit langer Zeit einen Proberaum, und als die Betreiber ein Studio eröffneten, wollte er gern der erste Kunde sein. „Alles dort inspiriert mich“, schwärmt er, „die vielen alten Instrumente, der große Aufnahmeraum – wunderbar. Warum also nach L.A. fliegen?“

Zumal Gough für die Aufnahmen gleich ein paar weitere Mieter der Moulin Rouge rekrutieren konnte: einen Mann namens Roger, der nebenan täglich auf der Querflöte übte und auf „One Plus One In One“ nun leider bei viel zu vielen Liedern mitspielen darf – und einen Kinderchor der örtlichen Grundschule, der auf der verschroben hymnischen Single „The Year Of The Rat“ zu hören ist. „Für mich geht es auf dieser Platte um Neubeginn“, betreibt Gough freiwillig Exegese, „ich befinde mich in der Mitte meiner Karriere – da ist es gut, sich neu aufzumachen. Ich bin oft ein ziemlicher Pessimist und verbringe zu viel Zeit damit, mich an einen anderen Ort zu wünschen. So wie bei der letzten Platte, wo die meisten Songs aus der Frustration geboren wurden, von zu Hause weg zu sein. Diesmal bin ich zu Hause und in der Lage, mir positive Botschaften zu sagen, die dann auch manchmal zu sich selbst erfüllenden Prophezeiungen werden.“

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