Bill Wyman – München, Colosseum

Ein freundlicher älterer Herr steht in der Mitte der Bühne und zupft den Bass. Kaum zu glauben, dass dieser Gentleman mal die Rockgeschichte verändert haben soll. Dass er mit trockenem musikalischem Understatement die Basis all jenen Klassikern gab, die noch heute zu fortgeschrittener Stunde neuen Schwung in schlaffe Feten bringen. Doch Bill Wyman war dabei. Bis 1993 hat er den Sound der Rolling Stones geprägt Erst als Jagger &. Co. Gefahr liefen, ihren juvenilen Mythos der ewigen Freaks endgültig der Lächerlichkeit Preis zu geben, packte er seine Sachen und ging.

Seitdem verwirklicht er mit mäßigem Erfolg eigene Projekte. Doch seine jetzige Begleitband, The Rhythm Kings, könnte allein schon locker die Hallen füllen: Georgie Farne und Gary Brooker an den Tasten, Albert Lee an der Gitarre, dazu Bläser und Background-Sängerinnen. Ziemlich viel Aufwand für ein letztlich belangloses, weil beliebiges Resultat, dessen sich auch Wyman sicher bewusst ist Denn verändern will er nichts mehr. Es will genießen, sich stilvoll rahmen lassen, bevor er sich irgendwann vollends aufs Altenteil zurückzieht. Und so wirkt das ganze Konzert wie eine Erinnerung an die vielen musikalische Dinge, die Wyman sich in drei Dekaden Stones verkniffen hat Da gibt es Bläserfills, die auch bei Count Basie ihren Platz gefunden hätten, einen Reggae, der wunderbar weiß und harmlos karibische Gefühle verklärt, ein bisschen Jive und etwas Blues, ein wenig Swing und auch eine Prise Soul. Dazwischen reichlich instrumentale Einlagen, bei denen sich die Honoratioren austoben dürfen.

Das alles sind aber nur Schaukämpfe, die stellenweise von Wymans eigentlicher Botschaft ablenken. Denn die Rhythm Kings sind der stilvolle Abgesang einer Epoche der Popularmusik, ein augenzwinkernd schelmischer Nekrolog auf eine Zeit, die lange schon zur Geschichte wurde. Manch einer im Publikum wird das gemerkt haben, als er sich aus diesem Anlass noch einmal in die alte Lederjacke zwängte.

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