Bob Dylan – München, Zenith

Die zentrale Frage der Pop-Theodizee beantwortet Bob Dylan selbst

Natürlich ist es unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit, vom erneuten Erscheinen des heiligen Bob zu berichten. An einem kalten Novemberabend hat er seine Gemeinde in einer schlauchartigen Halle versammelt, um seine Botschaft zu verkünden. Um Punkt acht verließen Dylan und seine Band ihre Turnhallen-Garderobe. Fünf Minuten später standen sie auf der Bühne. „Drifter’s Escape“ eröffnet. Es ist schon lange nicht mehr die gut geölte „Love And Theft-Band, die den Alten, der auch an diesem Abend wieder am E-Klavier steht, begleitet. Die subtilen Gitarrenläufe der auch von der Erscheinung her imposanten Campbell und Sexton sind teilweise argen Rockismen gewichen, die Gitarre von Danny Freeman klingt manchmal gar wie ein alter Dieselmotor. Aber immerhin sehen die Musiker obwohl in Anzüge gewandet – jetzt genauso aus wie die Leute im Publikum: Glatzen, Brillen, Hüte. Und Dylan mitten unter ihnen, dirigiert, gibt in „Lonesome Day Blues“ den W. C. Fields, zerdehnt „Positively 4th Street“, so daß es fast resignativ klingt, dekonstruiert „Tweedle Dee & Tweedle Dum“, lacht sich schief in „Summer Days (And Summer Nights“), erhebt seine Mundharmonika zum Gruße, geht ab, kommt zurück für ein pointiertes „Like A Rolling Stone“ und beendet die Messe – natürlich – mit „All Along The Watchtower“.

Der erneute Bob-Beweis ist erbracht, die Jünger verlassen die Halle, um die frohe Botschaft hinauszutragen in die kalte Welt – natürlich auf althergebrachte Weise der mündlichen (und schriftlichen) Überlieferung, denn beim heiligen Bob herrscht Bilderverbot.

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