Briefträgerhemden

Prächtig hielt man uns zum Besten, als man uns vor Jahren glaubhaft versicherte, das Internet, dieser dolle Brummer, würde unser Leben in Zukunft erleichtern. Trendpäpste und Küchenbauer behaupteten frech, unsere Kühlschränke würden bald schlau genug sein, ihren Inhalt selbstständig nachzuordern. Das Einzige, was wir dann bekamen, war die Möglichkeit, im Internet ein Abo für regelmäßig frei Haus gelieferte Socken abzuschließen – dabei sind Socken ohnehin der am unkompliziertesten zu erwerbende Gegenstand überhaupt.

Viel schwieriger dagegen: der T-Shirt-Kauf. Ach, der schmale Grat zwischen aktuell und abgeschmackt! Das ewige Kreuz mit dem Kompromiss aus Mode und Massenware!

Seit kurzem leisten im Internetverschiedene Kleinunternehmer Hilfestellung, indem sie T-Shirt-Abonnements anbieten: Nach Zahlungseingang erhält der Subskribent alle paar Wochen ein neues Leibchen zugesandt, von dessen Design er sich allerdings überraschen lassen muss. Das klingt zunächst nach einer neuen Dimension der Markentreue, folgt aber nur der Logik eines Zeitschriftenabos, dessen kommende Titelgeschichten einem beim Abschluss schließlich gleichfalls noch verborgen bleiben.

Der in Stockholm ansässige Hemdchen-Abodienst T-Post versteht sich gar ganz explizit als Kreuzung aus T-Shirt-Händler und Nachrichtenmagazin: Die Abonnenten erhalten alle sechs Wochen für je 26 Euro ein T-Shirt, dessen Design auf einer Zeitungsnachricht basiert. Mitunter sind das tatsächlich die großen Schlagzeilen, in der Regel jedoch die kleinen Fünfzeiler-Meldungen aus der Bizarr-Grabbelkiste: Die bisherigen Designs behandelten die globale Erwärmung ebenso wie die Zucht fluoreszierender Schweine in Taiwan oder die wenig bekannte Tatsache, dass Margaret Thatcher seinerzeit in jenem Wissenschaftlerteam mitarbeitete, das das Softeis erfand.

Gelegentlich schaffen es auch die Bonmots betrunkener U-Bahn-Passagiere auf ein Shirt – allerdings stets grafisch interpretiert. Ein T-Shirt war zum Beispiel der Tatsache gewidmet, dass zwei T-Post-Mitarbeitern bei einem Spaziergang unversehens Jesus in Gestalt einer Möwe erschienen war. Erklärungshalber ist die Innenseite des T-Shirts mit einem kurzen Text bedruckt, der die Hintergründe der Meldung erläutert.

Nach dem Boom der T-Shirt-Communities, deren Erfolg darauf basierte, nur jene Motive auf Shirts zu drucken, die die Internetöffentlichkeit zuvor als kaufenswert bestimmt hatte, blüht nun das Abo-Geschäft. Neben T-Post zählen Kadorable, Mailbox-Tees, Social-T (die nach eigenem Verständnis „wearable social commentary“ verkaufen) zu den beliebtesten. Anders als bei Zeitschriftenabonnements sehen die meisten Anbieter die Nachbestellung von Back-Issues übrigens nicht vor: Es gibt eine eingebaute Exklusivitätsgarantie für jene Trendfüchse, die von Anfang an dabei waren.

Zumindest die Kunden von T-Post müssen sich auch nicht bekümmern, die Abo-Shirts könnten zu populär werden: Falls die Abonnentenzahl in einer Stadt zu stark ansteigt, behalten sich die Macher vor, Neubezieher nur dann zuzulassen, wenn dafür gleichzeitig ein Altkunde beschließt, seine Shirts zukünftig wieder alleine einkaufen zu gehen.

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