Bürgerwehr

Elvis Costello & Allen Toussaint stellten bei einem Exklusiv-Konzert ihr gemeinsames Album vor

Berlin, Meistersaal: Man wundert sich ja schon lange nicht mehr darüber, mit wem Elvis Costello alles musiziert. Diedrich Diederichsen rückte ihn neulich in einem Interview gefährlich nah an Sting, den Buena Vista Social Club, Diana Krall und Tom Waits, als er den Kanon des Geschmacksbürgertums definierte – und es käme einem ja tatsächlich nicht komisch vor, wenn Costello auch mit denen bald Platten aufnähme (hat er ja auch schon teilweise). An diesem Abend in Berlin ist Till Brönner im Saal. Man ahnt Schlimmes…

Doch auch finanzschwache Vertreter aus Sub- und Pubkultur konnten für fünf Euro im kleinen, feudalen Meistersaal Neokon-Atmosphäre schnuppern und ihrem alten New Wave-Helden lauschen, wie er zusammen mit Allen Toussaint „The River In Reverse“ vorstellte.

Costello zeigte sich einmal mehr als Kenner der Pophistorie und Multiplikator des guten Geschmacks, erzählte von den Aufnahmen des Albums, dem gemeinsamen Komponieren, den Bedeutungen der einzelnen Songs und sang, als hätte er „This Years Model “ zur Wagner-Oper umarrangiert: dramatisch, bellend, den Toussaint-Klassiker „What Do You Want The Boy To Do“ dann aber emphatisch-sanft. Sein Partner am Klavier übernahm „Whose Gonna Help Brother Get Further“, etwas wackeliger als auf dem neuen Album, nichtsdestotrotz delikat. Im Verlauf des Abends erschien diese Kooperation immer unwahrscheinlicher. Der laute, plappernde Costello, der sich in kurzer Zeit so in Wallung brachte, dass an Aufhören nicht mehr zu denken war, obwohl doch nur ein halbstündiges Set geplant war, und der sich im Hintergrund haltende, sanfte Toussaint, verwundert über den Enthusiasmus von Publikum und Performer. Das einzige, was die beiden zu verbinden schien, war die Vorliebe für geschmacksfernes Schuhwerk. Nach vierzig Minuten ruckelte Toussaint ungeduldig auf seinem Hocker, ein baldiges Ende ersehnend. Seine Augen wurden immer größer, Costellos Stimme immer lauter.

Zu laut vielleicht fürs Geschmacksbürgertum.

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