Chris Dreja und Jim McCarty, Gründungsmitglieder der Yardbirds, wollen mit dem ersten Album seit 30 Jahren keine Rummelplatz-Attraktion sein

Kaum eine Bandkarriere der Sixties war aufregender, keine war widersprüchlicher. The Yardbirds gehörten zur R&B-Szene Londons, dem musikalischen wie gesellschaftlichen Gegenentwurf zur Lockerflockigkeit der Liverpooler Merseybeat-Zunft. Anfangs nur Stones-Clones, erspielten sich die Yardbirds schon bald ein eigenes Publikum. Indem sie ihre Blues-Adaptionen streckten und Improvisationen einbauten, wo ihre Vorbilder auf knappe, explosive Arrangements setzten. Kein Konzept freilich, das sich 1964 am Plattenmarkt durchsetzen ließ. Zwei eher rootsige Singles floppten, erst das Pop-Stück „For Your Love“ geriet im Frühjahr ’65 zum Hit. Worauf der Gitarrist, ein gewisser Eric Clapton, prompt ausstieg, weil er doch nur Blues spielen wollte und die Begriffe Pop und Hit Schimpfwörter für ihn waren.

So ersetzte man ihn durch Jeff Beck und – später – Jimmy Page, produzierte ein weiteres halbes Dutzend höchstkarätiger Hit-Singles plus drei durchwachsene LPs. Dann stiegen Beck und Page aus, Bassist Paul Samwell-Smith ebenso. Und schließlich Sänger Keith Reif, der mit seiner Schwester die eher elegischen Renaissance gründete und 1976 starb. Das endgültige Ende aller Hoffnungen auf eine sinnige Yardbirds-Reunion, sollte man denken.

Weit gefehlt, meint Chris Dreja. Periodisch nutzt der Rhythmus-Gitarrist, gemeinsam mit Jim McCarty, Drummer und ebenfalls Gründungsmitglied, den Rückenwind des legendären, auf Charlie Parker verweisenden Monikers für neue Formationen. Die aktueücfaturing Gypie Mayo (Gitarre), Alan Glen (Harmonica) und John Idan (Gesang) ist nun schon eine ganze Weile on the road und hat mit „Birdland“ gerade das erste Yardbirds-Studio-Album seit 30 Jahren vorgelegt Eine Platte, die hälftig ordentliche Neuaufnahmen alter Favoriten wie „Shapes Of Things“, „Over, Under, Sideways, Down“ oder „Mr. I You’re A Better Man Than I“ bringt und neue Songs in altem Gewand. „Wir legen Wert darauf, nicht als Rummelplatz-Attraktion angesehen zu werden“, sagt Dreja, „wir meinen es ernst mit unserem Ansinnen, eine neue Generation heiß zu machen auf Yardbirds-Musik. Diese Band hat einst geholfen, das Fundament der rock music zu legen, darauf sind wir stolz. Wir erreichen mit unseren Auftritten und, so hoffen wir, mit diesem Album eine Menge junger Leute. Das ist unser Auftrag.“ Um den zu erfüllen, hat man eine Reihe namhafter Gast-Gitarristen aufgeboten: Slash, Steve Vai, Joe Satriani, Jeff Baxter, Brian May, Steve Lukather. Die „Birdland“ keinen nennenswerten musikalischen Schaden zufügen, deren Beiträge aber mindestens ebenso gut vom etatmäßigen Axeman Gypie Mayo, früher bei Dr. Feelgood, hätten bestritten werden können. Riecht streng nach Marketing-Strategie. Chris Dreja reagiert beleidigt. „Das haben wir bestimmt nicht nötig“, versichert er, „wir sind eine kick-ass band, mit großer Tradition, aber absolut von heute. Jack White hat uns neulich gesehen und mir das bestätigt.“ Na dann. Ein freundliches Wort der White Stripes, selbst Blues-Adepten, gilt derzeit ja als letzte Instanz.

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