Coldplay-Kiss-Cam: Chris Martin macht „Sicherheitsabfrage“ bei Liebespaar

Nach Astronomer-Affäre: Zum Finale ihrer dreijährigen Welttournee wird die "Kiss Cam" zur neuen Live-Berühmtheit

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Am 8. September 2025 endet die längliche Coldplay-Welttournee „Music of Spheres“. Aktuell ist die Band eine Art Dauermieter im Londoner Wembley Stadion.

Wenn Chris Martin und seine Mannen an jenem Montag in zwei Wochen das weite Rund zum letzten Male in ein Schaumbad aus Euphorie und Lichtergeflacker tauchen werden, kommt auch wieder die so genannte „Kiss Cam“ zum Einsatz. Diese spürt kuschelnde Liebespaare im Publikum auf und beamt das Tete-a-Tete dann auf die LED-Schirme. Ein Social-Media-kompatibler Gag, der sich vorzüglich ins Kuschelrock-Image von Coldplay fügt.

Doch spätestens seit dem „Astronomer Skandal“ im Juli, als der (nun ehemalige) CEO der gleichnamigen Data-Tech-Firma Andy Byron zurückgetreten war, nachdem ihn die Bussi-Kamera von Coldplay mit seiner (ebenfalls ehemaligen) Personalchefin Kristin Cabot beim Fremdgehen erwischte, ist Bandchef Martin etwas vorsichtiger geworden.

Coldplay und die Kiss Cam

Beim Freitags-Konzert (22.08.) in London hielt ein per „Kiss Cam“ abgeschossener Fan ein Papp-Schild hoch. Dort war zu lesen, dass er einer Frau, die gut sichtbar vor ihm stand, einen Heiratsantrag machen wollte.

Chris Martin, der mittlerweile eine Routine mit den Bildern seines Spielzeugs entwickelt hat, zögerte zunächst, als der die festgehaltene Szene sah. Dann führte er einige „grundlegende Sicherheitsüberprüfungen“ durch. Sein zehntausendköpfiges Publikum lachte. Dann fragte Chris den Mann von der Riesenbühne, ob „diese Frau“, seine Partnerin sei. Oder, was erneut zu großem Gelächter führte, „die von jemand anderem“ sei?

Offenbar hat besagter „Astronomer Skandal“ die „Kiss Cam“ zu einem neuen Live-Phänomen werden lassen. Aus technischen Gründen allerdings nur bei aufwendigen Arena- oder Stadionkonzerten mit Videowand. Man darf gespannt sein, ob es künftig auch eine Indie-Variante für Clubs im 200er- und 500er-Segment geben wird. Vielleicht als „Punk Cam“ im Berliner SO36. Oder als „Nerd Cam“ im Gebäude 9 in Köln …

Von Skandalen zu neuen Live-Phänomenen

Als Ironie des Live-Entertainment-Schicksals darf gewertet werden, dass ausgerechnet jener Kamera-Gag die immerhin drei Jahre andauernde Tour überdauern wird. Eigentlich hatten sich Coldplay vorgenommen, nach der Covid-19-Pandemie ein Musterbeispiels des ökologischen Tourbetriebs zu entwickeln. Man wollte trotz Konfettti-Kanonen, Laser und ähnlichem Schnick Schnack den ökologischen Fußabdruck spürbar verringern.

Dafür wurde etwa mit den bayrischen Autobauer BMW eine wiederaufladbare, mobile Show-Batterie entwickelt. Pro verkauftes Ticket sollte (irgendwo) ein Baum gepflanzt werden, Fan-Hüpfen oder -Trampeln sollte in Energie umgewandelt werden.

Nach offizieller Sprechweise sollen Coldplays Emissionen im Vergleich zur vormaligen Welttour um 59 Prozent reduziert worden sein. Wobei eine Verifikation dieser Angaben über 36 Monate hinweg eher schwierig werden durfte. Es zählt allein der Glaube.

Das Branchenfachblatt „Pollstar“ vermeldete immerhin, dass Martin und Co „eine neue Ära nachhaltiger Tourneen” befördert hätten. Welche Ära wiederum die „Kiss Cam“, nebst Affäre und Gags, einläuten wird, muss die Live-Zukunft zeigen.

Ralf Niemczyk schreibt freiberuflich unter anderem für ROLLING STONE. Weitere Artikel und das Autorenprofil gibt es hier.