Crash-Kurs in Mode

Mit fragilen Popsongs wollen THE CRASH die Welt erobern. In Hamburg kleideten sich die Finnen erst einmal neu ein.

Der Mann liest, und er liest viel und ziemlich komplizierte Sachen. Das hört man Teemu Brunilas Texten an und mehr noch dem, was er so sagt, wenn er nicht singt. Es wäre leicht, sich jetzt zurückzulehnen, süffisant zu lächeln und zu sagen: Wieder einer dieser ach so schwermütigen Skandinavier. Das aber hört Brunilas gar nicht gern.

Mit der Tatsache allerdings, dass nun fast alle Welt das Debüt seiner Band The Crash, “ Comfort Deluxe „, als mehr oder minder reinblütigen Britpop beschreibt, lebt es sich auch nicht sehr bequem. „Aber um ehrlich zu sein“, sagt Brunila, „mussten wir damit rechnen. Zum einen klingt mein Englisch tatsächlich ein bisschen wie aus England, und außerdem hätten wir uns doch naiven Illusionen hingegeben, wenn wir auf allzu phantasievolle Prädikate aus dem Journalisten-Lager gehofft hätten.“ Man freue sich nun also lieber ehrlich über das aus dieser Ecke gebetsmühlenartig wiederholte Lob für die schönen Songs des Quartetts aus Turku. Und man freut sich sogar darüber, als untypisch für das eigene Land benannt zu werden. „Dieses Attribut, finnisch und somit auch reichlich bizarr, schräg, abgedreht zu klingen“, wirft Kollege Jussi Lehtinen ein, „fanden wir eigentlich nie sonderlich erstrebenswert. Wir treten zwar vor dem Mainstream auf die Bremse, halten unsere Musik aber für durchaus geeignet, ein wirklich großes Publikum zu erreichen.“

Dass The Crash mit ihren fragilen Popsongs, die auf tönernen Füßen zu stehen scheinen und durch die fast elfenhaft die juvenile Stimme Teemu Brunilas geistert, im eigenen Lande fulminant debütierten, hat die Band zwar selbstbewusst, „nicht aber unrealistisch gemacht. Wir sind uns im Klaren darüber, dass wir vom falschen Ende der Welt in eine Karriere starten“.

Skandinavien beäugen die Finnen mit gehörigem Misstrauen. „Nehmen wir nur einmal Dänemark, das ja meines Wissens auch zu Skandinavien zählt“ Brunila braucht offenbar nicht in jedem Land gute Freunde. „Da gibt es diesen unglaublichen Lego-Pop.“ Wieder dieses Siegerlächeln., Jch mag diesen Ausdruck sehn“ War kaum zu übersehen. „Nun gut, die jedenfalls können sich, um mal ganz neutral zu bleiben, mit den Schweden und Isländern kaum messen.“ Und auch Finnland hat seine Schattenseiten. „Wenn wir plötzlich als die nordischen Coldplay bezeichnet werden, muss ich den Herren Journalisten sagen, dass diese Band absolut keine Ahnung hat, was cold wirklich heißt. Wir hingegen wissen das derart genau, dass wir unsere Städte im Sommer mit unsinnigen mediterranen Federn schmücken. Da reden die einen von Stockholm als dem Neapel Schwedens und wir von Turku als dem Rom Finnlands, bloß um mal das Gefühl von Wärme herbeizureden.“

Wenn Brunila gerade nicht über den Rest der Welt herzieht, beschwört der die Macht des Intellekts, den er „aber echt nicht mit Bildung verwechselt wissen wilL Intelligenz heißt etwas anderes. Als ich etwa nach der Lektüre tausender Seiten harter Philosophie entdeckte, dass das alles und noch viel mehr in einem einzigen dünnen Buch, in Janoschs ,Oh wie schön ist Panama‘ viel besser nachzulesen ist, da fühlte ich mich für einen Moment lang einigermaßen intelligent.“

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