Das E in Erinnerung

Als man den Mann, der sich E nennt, fragte, ob er ein paar Worte für den Klappentext von Kurt Cobains postum veröffentlichten Tagebüchern schreiben wollte, lautete sein Vorschlag: „Please don’t do this to me after I kill myself.“ Zwar will E, der eigentlich Mark Oliver Everett heißt, im Interview nicht damit rausrücken, ob er sich diese Geschichte nur für die Eels-Homepage ausgedacht hat. Für den Fall aber, dass ihn irgendwann einmal die Todessehnsucht, die sich immer wieder in seine Songs einschleicht, übermannen sollte, hat er vorgesorgt: Würde E heute sterben, könnte man es sich sparen, seine Schränke nach Tagebuchaufzeichnungen zu durchwühlen. Denn die Bestandsaufnahme hat er bereits selbst erledigt: Neben der Best-Of-Platte „Meet The Eck“ veröffentlicht er nicht nur das Album „Useless Trinkets“, für das er Raritäten aus dem Bandarchiv hervorgekramt hat. Er hat sich auch für eine BBC-Dokumentation auf die Spuren seines Vaters begeben und seine Autobiografie „Things The Grandchildren Should Know“ herausgebracht.

„Dabei mag ich es eigentlich überhaupt nicht, zurückzuschauen“, gesteht er. Er wirkt missmutig. Was vielleicht daran liegt, dass es in Los Angeles gerade erst kurz nach neun Uhr morgens ist. Oder daran, dass Herr E Interviews noch nie besonders leiden konnte. Genauso hielt er es aber auch immer für eine blöde Idee, ein Buch über sein Leben zu schreiben. .Als ich jedoch nach der ,Eels With Strings‘-Tour, bei der ich ja mit einer siebenköpfigen Band, so vielen Leuten wie nie zuvor, unterwegs war, nach Hause kam, dachte ich, dass es doch mal schön wäre, etwas zu machen, bei dem ich nur auf mich selbst angewiesen bin“, sagt er: „Ich war so naiv zu glauben, dass das einfach werden würde. Aber es hat sich herausgestellt, dass es das Schwerste war.“

In „Things The Grandchildren Should Know“ (auf Englisch erschienen bei Little Brown Book) erzählt er davon, wie er als Sohn des genialen Quantenphysikers Hugh Everett in Virginia eine Jugend überstehen musste, die er als „ridiculous, sometimes tragic and always unsteady“ beschreibt. Zwar offenbaren auch Eels-Songs viel über das Seelenleben von Mark Oliver Everett, „doch in dem Buch habe ich beschlossen, wirklich ganz ungeschützt die Wahrheit über mich zu erzählen“, sagt er und holt tief Luft: „Meine eigene Offenheit in dem Buch ist mir jetzt ziemlich unangenehm.“

Etwas leichter fiel ihm da, das Angebot der BBC anzunehmen, bei einer Dokumentation über die Arbeit seines Vaters mitzuwirken: „Mein Vater ist immer ein Mysterium für mich gewesen, deswegen fand ich es fantastisch, da mitzumachen.“

Dass er sich jetzt nicht nur mit seinem bisherigen Leben und seiner Familie auseinandergesetzt, sondern auch musikalisch Bilanz gezogen hat, sei allerdings Zufall, und die Best-Of eine Idee der Plattenfirma. Zwei bislang unveröffentlichte Tracks haben es immerhin auf die Platte geschafft: Jon Brions „Climbing To The Moon“-Remix und ein Cover von Missy Elliots „Get Ur Freak On“: „Vor ein paar Jahren haben wir den Song oft auf Tour gespielt, und viele Leute haben darum gebettelt, dass wir den auch mal veröffentlichen“, sagt er. „Wenn es darum gegangen wäre, allein meine ganz persönlichen Lieblingsstücke auszuwählen, sähe das Album in der Konzeption natürlich ganz anders aus.“

Weil „Meet The Eek“ aber das Offensichtliche und Populäre versammeln sollte, finden sich dort auch Dinge, die E heute unerträglich findet: etwa den auf der beigelegten DVD enthaltenen Videoclip zu „Susan’s House“, über den er im zuschaltbaren Audiokommentar unermüdlich lästert. „Wenn du auf all das zurückblickst, was du im Lauf deiner Karriere so alles gemacht hast und dich nicht bei der einen oder anderen Sache unwohl fühlst, bist du offensichtlich all die Jahre nicht als Künstler gewachsen.“

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