Das Epstein-Memo des US-Justizministeriums zerreißt die Trump-Regierung

Kash Patel und Dan Bongino sind unzufrieden mit Generalstaatsanwältin Pam Bondis Umgang mit den Ermittlungen gegen den verurteilten Sexualstraftäter

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Der Schmetterlingseffekt rund um den verstorbenen Finanzier und verurteilten Sexualstraftäter Jeffrey Epstein ist noch Jahre später zu spüren. Die höchsten Ebenen von Donald Trumps zweiter Regierung stecken in einem erbitterten Machtkampf über Epstein und seine angebliche „Kundenliste“.

„Dieser Streit nimmt viel zu viel meiner verdammten Zeit in Anspruch“, sagt ein ranghoher Regierungsbeamter und bezieht sich dabei auf verletzte Egos, Auseinandersetzungen unter hochrangigen Regierungsvertretern, Frust in Teilen von Trumps Anhängerschaft und gegenseitige Anschuldigungen wegen Medienleaks innerhalb der Regierung.

Das US-Justizministerium veröffentlichte am Sonntag ein Memo, in dem bestätigt wurde, dass sich Jeffrey Epstein selbst das Leben nahm, dass es keine potenziell brisante „Kundenliste“ gebe und dass die Regierung den Fall gegen den verurteilten Sexualstraftäter – dessen Tod 2019 im Gefängnis ein Magnet für Verschwörungstheorien wurde – offiziell abschließe. Besonders bei Trumps Unterstützern sorgt das Memo für Empörung – trotz Trumps eigener Verbindungen zu Epstein.

Interner Aufruhr nach DOJ-Memo

ROLLING STONE berichtete, dass sich die Trump-Regierung auf eine MAGA-Revolte wegen des „Es gibt nichts zu sehen“-Memos vorbereitete. Diese trat wie erwartet ein: Zahlreiche prominente rechte Influencer zeigten sich empört. Viele fordern die Entlassung von Generalstaatsanwältin Pam Bondi – einige scheinen sich sogar vom Präsidenten abzuwenden. „Trump ist jetzt der Deep State. Was ist mehr Deep State als der Schutz von Pädophilen?“, fragte jemand Ex-Trump-Berater Steve Bannon bei einer MAGA-Veranstaltung am Freitag.

Nicht nur Beobachter von außen oder Online-Anhänger der MAGA-Bewegung sind verärgert. Rolling Stone kann bestätigen, dass FBI-Direktor Kash Patel und FBI-Vizedirektor Dan Bongino seit der Veröffentlichung des Memos ebenfalls wütend sind – besonders über Bondis Umgang mit der Epstein-Ermittlung und der öffentlichen Kommunikation der Ergebnisse.

Die rechte Verschwörungstheoretikerin Laura Loomer, die enge Verbindungen zu Trump pflegt und über das Memo ebenfalls außer sich war, postete am Freitag auf X, dass Patel und Bongino „STINKSAUER“ auf Bondi seien und Bongino sich an diesem Tag sogar frei genommen habe. Axios bestätigte kurz darauf, dass Bongino den Freitag nach einem Streit mit Bondi nicht zur Arbeit erschienen sei. CNN ergänzte, Bongino habe bereits mit Vertrauten über einen möglichen Rücktritt wegen des Memos gesprochen.

Bondi, Patel und Bongino: Ein brüchiges Dreieck

Die Pressebüros des FBI und des Justizministeriums reagierten am Freitagnachmittag nicht auf Anfragen von Rolling Stone.

Zwei Trump-Regierungsbeamte und eine weitere Quelle mit Kenntnis der Angelegenheit berichten Rolling Stone, dass Patel und Bongino intern Bondi die Schuld geben. Besonders Bongino nehme die Sache schwer und habe das Gefühl, die Generalstaatsanwältin habe die Trump-Anhängerschaft getäuscht, als sie im Februar im Fernsehen behauptete, die „Kundenliste“ liege auf ihrem Schreibtisch zur Prüfung bereit.

Als das vom DOJ und FBI veröffentlichte Memo einen Sturm der Entrüstung bei Trump-Fans auslöste, beklagte sich Bongino darüber, dass er und Patel von der MAGA-Rechten verantwortlich gemacht würden – obwohl es laut Quellen Bondis und anderer Verantwortung gewesen sei. Ihr Ansehen bei diesen Gruppen sei massiv beschädigt worden.

Zwei Quellen fügten hinzu, dass die Spannungen zwischen Patel und Bondi nicht neu seien. „Die beiden mögen sich nicht“, sagte ein Trump-Regierungsbeamter. „Es überrascht mich, dass darüber nicht schon mehr berichtet wurde.“

Trumps Wahlversprechen und das Ausbleiben der Enthüllungen

Trump hatte vor der Wahl versprochen, die sogenannten Epstein Files zu veröffentlichen – was in MAGA-Kreisen große Hoffnungen weckte, mächtige Persönlichkeiten würden als Komplizen Epsteins entlarvt. Nachdem Bondi im Februar behauptet hatte, die Kundenliste befinde sich auf ihrem Schreibtisch, veranstaltete sie eine medienwirksame Aktion: Sie übergab rechte Influencer symbolisch Ordner mit „Phase 1“ der Epstein Files.

Viele dieser Influencer fühlen sich nun durch das DOJ-Memo verraten. Darin heißt es, dass man nach „erschöpfenden“ Ermittlungen keine belastende „Kundenliste“ gefunden habe. Ebenso wenig „glaubwürdige Hinweise […] darauf, dass Epstein prominente Persönlichkeiten erpresst habe“. Zusätzlich veröffentlichte das DOJ ein Video von Epsteins Zelle in der Nacht seines Todes. Allerdings fehlt darin eine Minute kurz vor Mitternacht. Was Spekulationen über eine Vertuschung erneut anheizte.

Interner Konsens trotz öffentlichem Streit

Während gegenseitige Schuldzuweisungen anhalten, berichtet eine Quelle aus dem Trump-Umfeld, dass Bondi, Patel und Bongino am Sonntag intern gemeinsam die Veröffentlichung des inzwischen berüchtigten Memos unterstützten. Alle drei hätten gehofft, damit die inner-MAGA-Angriffe wegen der Ermittlungen und des Fehlens von „enthüllenden“ Informationen zu beenden.

Todd Blanche, stellvertretender Generalstaatsanwalt und früher Trumps Strafverteidiger, schrieb am Freitag auf X, dass das DOJ hinter dem Memo stehe. „Ich habe eng mit [Patel] und [Bongino] am gemeinsamen FBI- und DOJ-Memo zu den Epstein Files gearbeitet. Wir alle haben den Inhalt des Memos und die darin gezogenen Schlussfolgerungen gemeinsam abgesegnet. Jeder, der etwas anderes behauptet, liegt eindeutig falsch.“

Andere Details, wie die öffentlich berichteten Streitigkeiten unter Trumps wichtigsten Beratern, dementierte Blanche jedoch nicht.

Ein hochrangiger Regierungsbeamter sagte gegenüber Axios: „Die Wahrheit ist, [Bongino] war dafür, das Video mit der fehlenden Minute zu veröffentlichen. Und hatte damit kein Problem. Bis er online unter Druck geriet. Bongino hat das Video mit der Lücke selbst gefunden, es nach ‘gründlicher Prüfung’ abgesegnet und gedacht, damit wäre alles erledigt. Als das nicht funktionierte, drehte er durch. Und verschwand aus D.C.“

Trump reagiert wütend – und auch Elon Musk mischt sich ein

Trump, einst ein Freund Epsteins, reagierte bei einer Kabinettssitzung diese Woche wütend auf die Frage eines Reporters an Bondi zur fehlenden Minute im Video. Er fragte, warum Epstein überhaupt noch Thema sei. Und bezeichnete es als „Entweihung“. Bondi erklärte, das Fehlen der Minute liege an einem alten System, das jede Nacht beim Zurücksetzen eine Minute überspringe. Was die Empörung über Memo und Video kaum dämpfte.

Musk erhebt schwere Vorwürfe

Elon Musk, einstiger Trump-Unterstützer und Megaspender sowie ehemaliger Leiter der sogenannten „Abteilung für Regierungseffizienz“, gießt weiter Öl ins Feuer, da sich sein Verhältnis zu Trump zunehmend verschlechtert. Bereits im letzten Monat schrieb Musk, der „wahre Grund“, warum die Epstein Files nicht veröffentlicht würden, sei, dass Trump „selbst darin vorkomme“. Nach Veröffentlichung des Memos am Sonntag fragte Musk: „Wie soll man Vertrauen in Trump haben, wenn er die Epstein-Files nicht veröffentlicht?“

Musk – der einst mit Epsteins Partnerin Ghislaine Maxwell fotografiert wurde – verfolgt inzwischen offenbar Pläne zur Gründung einer dritten politischen Partei. Beobachter können nur spekulieren, was die Regierung über Epstein weiß. Oder nicht weiß. Ebenso unklar ist, warum der Fall offiziell geschlossen wurde, nachdem die Regierung monatelang andeutete, man werde bald die Wahrheit über Epstein und seine Kunden offenlegen. Klar ist jedoch: Das Memo hat die MAGA-Anhängerschaft – sowohl in den Medien als auch innerhalb der Regierung – zutiefst verärgert.