Der gefallene Engel

So oft wie dumm zeiht man Rock-Journalisten immer noch gern, verhinderte Musiker oder gar Popstars zu sein. Glatter Unfug, denn mal abgesehen davon, daß z.B. Kents „NME“-Ko-UegenMickFarren und Charles Shaar Murray ganz passable Musiker abgegeben haben, war Nick Kent in seiner Hochzeit, verglichen etwa mit Michael Stipe oder Heinz Rudolf Kunze, ein echter Rock’n‘ Roller. Seine Abenteuer mit den Rolling Stones und den Sex Pistols oder seine Begegnungen mit Iggy Pop und Jerry Lee Lewis waren sowohl in punkto Erleben als auch Schreiben Sex & Drugs & Rock’n‘ Roll pur.

Nick Kent, der in den 70ern Keith Richard über alle Maßen bewunderte, ging bei der Suche nach den dunklen, gefahrlichen Seiten des Stone gar so weit, daß auch er eines Tages an der Nadel hing. Und die Folklore will sogar wissen, daß er sich, als sein Idol im Rausch einen Schneidezahn einbüßte, ebenfalls eines Beißers entledigte.

„The Datk Stuff“ (Penguin Books, 9,99 Pfund) ist eine Kollektion von Kents besten Stories und Interviews aus den Jahren 72 bis ’93, wobei einem die Auslassungen über Brian Wilson, Jerry Lee Lewis und Roky Erickson ob ihrer Tragik schon ans Herz gehen können, wohingegen die Guns’N Roses- und Shane McGowan-Erzählungen Paradebeispiele für durch falsch verstandenes Rockstar-Gehabe bedingten Alzheimer-Befall sind.

Nick Kent, den Lou Reed 1976 treffend als „die Judy Garland des Rock-Journalismus“ betitelte, hat sein in jeder Hinsicht lesenswertes Werk Lester Bangs, Pete Erskine und all den .“death or glory‘ boys gone too soon“ gewidmet Nicht nur das sichert ihm bereits jetzt einen Platz im Rock’n’Roll-Himmel!

Kent, längst wieder clean, lebt heute mit Freundin und gemeinsamem Sohn in Paris.

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