Der Wahlsieger

Der eigentliche Gewinner der Bundestagswahl ist natürlich der alte Nutznießer und Grenzgänger Gregor Gysi. Ihm fiel sofort auf, dass die Linke ein knapp besseres Ergebnis als die Grünen erzielte und kein anderer als er, Gregor Gysi, der Oppositionsführer sein wird, falls die SPD tatsächlich mit der CDU koaliert. Das eröffnete dem grienenden Demagogen sogleich die Möglichkeit, von der SPD zu fordern, sie müsste zu den nächsten Wahlen den „kindischen“ Ausschluss der Linken von allen Koalitionsüberlegungen überdenken – unausgesprochener Spott: Wohin es mit den Grünen führt, das hat man jetzt ja gesehen!

Innerhalb seiner Partei gelang es Gysi, nach dem Rückzug von Oskar Lafontaine auch Sahra Wagenknecht auf Distanz zu halten: Eine „Doppelspitze“ mit ihr sei für ihn nicht akzeptabel. Die Partei kuschte. Und die Zeiten, da auch andere Politiker die Linke vertraten, sind wieder vorbei. Ein wenig hatte Gysi gekränkelt, der Kahlkopf war runder und röter geworden. Doch rechtzeitig vor der Entscheidung berlinerte und polemisierte er wieder in allen Talkshows, und anschließend entstand gar der Eindruck, Gysi sei alleiniger Wahlsieger geworden. Der größte Charismatiker der deutschen Politik forderte sofort das Recht der dezimierten Opposition auf Untersuchungsausschüsse ein und berief sich überhaupt – wenn es gerade passte – auf den Artenschutz.

Endlich hatte es auch Jürgen Trittin erwischt, den selbstbewussten Altlinken, der es an guten Tagen mit Gysis Rhetorikmaschine aufnehmen konnte. Die Alleinvertretung der Mühseligen und Beladenen ist selbstverständlich für den wendigen Anwalt, der schon 1990 als Popstar der Salonsozialisten auftrat. Ein neues Gespann Plisch und Plum konnte man schon beobachten: Als der Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter ihn im ZDF anpflaumte, er hätte ja noch nie Regierungsverantwortung übernommen, entgegnete Gysi schelmisch wie Soldat Schwejk: Doch, ein halbes Jahr in Berlin – sogar als Finanzsenator!

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