Deutscher Musikautorinnenpreis: Von Avantgarde bis Mega Mainstream
Deutscher Musikautorinnenpreis: Von Avantgarde bis Mega Mainstream. Wolf Biermann, Die Toten Hosen und Ayliva beim prestigeträchtigen Insider-Award
Seit dem Untergang des „Echo“ im Jahr 2018 ist die Position eines zentralen Musikpreises in Deutschland verwaist. Nichts, was mit der Stellung der „Grammys“, der „Brit Awards“ oder selbst des „Amadeus“ in Österreich vergleichbar wäre. Es existiert eine übersprudelnde Vielfalt, von der „Eins Live Krone“ bis zum „PopNRW“-Preis. Man könnte es auch Zersplitterung nennen. Der neue „Polyton“ der Akademie der Popmusik will hip und trendy sein, wirkt allerdings etwas wuschig und rätselhaft im Auftreten. Der „Preis für Popkultur“ wiederum war verschwunden und kehrt nun reformiert am 23. April 2025 wieder zurück. Auf ein Neues in der Bunten Award Republik.
In diesen Kanon hinein denkt nun GEMA-Chef Tobias Holzmüller laut über die prestigeträchtige Auszeichnung der Verwertungsgesellschaft nach, die gestern Abend (27. Februar) im Berliner Hotel Ritz Carlton vergeben wurde. Man intern habe überlegt, den seit 2009 existierenden „Deutschen Musikautor:innenpreis“ etwa durch eine TV-Kooperation größer und populärer zu machen. Sichtbarer in der vielgestalten deutschen Award-Landschaft.
Professionell choreografierte Revue mit Showband und Bühnen-Bar
Doch diese Planspiele wurden laut Holzmüller verworfen und so steigt der „DMAP“ im Rahmen eines entspannten Branchentreffens. Salon-Atmo mit rund 300 Gästen im illustren Rahmen. Man sitzt an nummerierten Tischen und wohnt einer professionell choreografierten Revue mit Showband und Bühnen-Bar bei. 23 Nominierte wetteifern um 11 Trophäen aus solidem Metall. Moderatorin Nina „Fiva“ Sonnenberg gelingt der Rodeo, sehr unterschiedliche Künstler- und Künstlerinnen-Vitae in einem angemessenen Mix aus seriös und locker vom Hocker zu würdigen.
Schließlich spiegelt der „DMAP“ gleichermaßen Avantgarde wie Mega-Mainstream wider. Ein abenteuerliches Spektrum, das so gewollt ist und darum eben nur bedingt TV-Show-fähig ist; von 3sat Abends um 23 Uhr mal abgesehen.
Verbeugungen vor der Fachwelt
Auszeichnungen wie „Komposition Audiovisuelle Medien“ an Stefan Will, „Komposition Elektronische Musik/Live Elektronik Plus“ an Christina Kubisch oder „Komposition Orchester“ an die koreanisch-deutsche Klassikerin Unsuk Chin sind Verbeugungen vor der Fachwelt. Auf der anderen Seite steht Ruhrpott-JLO Ayliva mit ihrem Song „Wunder“ (zusammen mit Apache 207); dem „erfolgreichsten Werk 2024“. Oder die sehr amüsant rüberkommenden Texter der Schlagerzunft (Gewinner: Robin Haefs), die ihre Arbeiten für Helene Fischer und Co mittlerweile problemlos mit ihrem Hintergrund in der HipHop-Szene verbinden.
Für Scheinwerfer-Licht auf dem Roten Teppich sorgten natürlich die fast vollzählig angetretenen Toten Hosen, die den Sonderpreis „Inspiration“ in Empfang nehmen durften. Laudatiert von Lemonbabies-Chefin Diane Weigmann war Campino am Rednerpult gehalten die Flamme des Punkrocks lodern zu lassen. „Wenn wir schon mal hier auf so ’ner GEMA-Veranstaltung sind, so als Totengräber des ‚Echo‘, schlug er eine Brücke ins Gestern. Später an der Bar war er sich dann nicht so sicher, welchen konkreten Einfluss die Hosen auf den heutigen Nachwuchs nehmen würden. Von wegen Inspiration. Wobei es ihm aber auch nicht um die Pflege rumpeliger Gitarrenmusik ginge, sondern eher um eine grundsätzliche Haltung. Einfach drauf losmachen, mit widerständigem Geist …
„Über den Punk kommen wir zur nächsten Kategorie …“, hieß es dann. Und mit Ski Aggu, Paula Hartmann und Songwriter Tom Hengelbrock ging es eine andere (HipHop-)Mentalitäts-Welt, die zwar auch die Hosen-mäßige Aura des „Do It Yourself“ beherzigen. Nur ästhetisch und pop-politisch doch sehr anders. Individualistischer eben.

Deutscher Musikautorenpreis 2025 im Hotel Ritz Carlton in Berlin am 27.02.2025
Das weiträumige Spektrum war schließlich final gefächert, als der 88-jährige Wolf Biermann („Lebenswerk“), laudatiert vom scheidenden Landwirtschafts-Minister Cem Özdemir, an seine Musik in Zeiten der DDR-(Diktatur) erinnerte. Und wie ihm erstmal die kreative Kraft ausging, als er Mitte der 1970er in den Westen ausgebürgert wurde. „Mir fehlten die geliebten Todfeinde. Die Musen haben mich nicht mehr geküsst …“ Sprach’s und griff noch einmal zur geliebten akustischen Gitarre.
Im Gesamtbild ist es gut, dass der „Musikautorinnenpreis“ keine Kompromisse an eine größere Medien- oder Event-Verwertung machen muss. Er bleibt klein und fein, und kann bei sich selbst bleiben.
Die Auszeichnungen
- Komposition Audiovisuelle Medien: Stefan Will
- Komposition Elektronische Musik: Christina Kubisch
- Komposition Musical: Dennis Martin
- Komposition Orchester: Unsuk Chin
- Komposition Rock/Pop: AnnenMayKantereit (Christopher Annen, Henning May, Severin Kantereit)
- Text HipHop: Paula Hartmann
- Text Schlager: Robin Haefs
- Lebenswerk: Wolf Biermann
- Nachwuchs (dotiert mit jeweils 10.000 Euro): Felix Dautzenberg (Berq) in der Sparte „U-Musik“, Sara Glojnarić in der Sparte „E-Musik“
- Sonderpreis Inspiration: die Toten Hosen (Andreas Frege, Michael Breitkopf, Andreas Meurer, Andreas von Holst, Vom Ritchie)
- Erfolgreichstes Werk 2024: „Wunder“ von Ayliva, Apache 207, mit Berken „Berky“ Dogan, Oliver Melchers und Thomas „Masri“ Riese