Die Australier Frente wechseln von Easy-Listening zu schrägen Popsongs

Als Frente vor gut zwei Jahren urplötzlich mit einer CoverVersion von New Orders „Bizarre Love Triangle“ hoch in den amerikanischen Billboard-Charts standen, waren die vier selbst wohl am meisten überrascht. 1989 hatten sie sich mehr so zum Spaß in Melbourne gegründet. Da war Frontfrau Angie Hart, die nicht nur so aussieht, sondern auch so singt wie ein Engel, gerade mal 18 Jahre alt. Sie übten fleißig, spielten zahllose Konzerte in Kneipen und Universitäten, bekamen einen Plattenvertrag und nahmen schließlich ihr erstes Album „Martin“ auf.

Mit dem passierte erstmal nichts, dann verliebten sich alle amerikanischen Radiostationen in die Akustik-Version der New Order-Nummer, und urplötzlich hatten Frente eine Million Alben verkauft. „Komische Sache für uns damals“, erinnert sich Gitarrist und Dirk-Bach-Lookalike Simon Austin. „Wir haben uns immer als die kleine Indie-Band verstanden, die Musik macht, um die Miete bezahlen zu können. Und dann wirst du plötzlich zum Popstar.“ Der Bassist verließ die Band, Frente standen diverse Male kurz vor dem Split, rauften sich dann aber zusammen und machten sich nach einem halben Jahr Pause wieder an die Arbeit. „Nach dem Erfolg haben wir uns gedacht, werden wir mal ein bißchen perverser“, so Simon. „Auf keinen Fall sollte es nochmal eine Cover-Version geben, auch wenn wir die Nummer damals eigentlich nur aus Versehen aufgenommen haben und sie aus Versehen ein Hit wurde.“ Chaotischer, sperriger, gewagter und verrückter – das sind die Koordinaten, mit denen Austin den Sound des zweiten Albums „Shape“ beschreibt.

Was er damit meint, kann man beispielsweise im ersten Stück „Sit On My Hands“ raushören. Vom samtig-süßen Akustik-Pop auf „Marvin“ – hätte es den Trend vor zweieinhalb Jahren schon gegeben, Frente wären womöglich als veritables Easy-Listening-Phänomen bestaunt worden – ist jetzt nur noch Angies Glockenstimme geblieben. Ansonsten bietet diese Nummer noisigen Folk, der zu Beginn ein wenig nach Walzer klingt und sich nachher zur Dub-Nummer entwickelt. „Wir haben unsere Melodien inzwischen dem Lärm geöffnet“, sagt Simon. „Die Album-Version des Stücks ist allerdings noch harmlos. Es existiert davon jedoch auch noch ein 25minütiger Dub-Remix. Den haben wir uns aber bislang noch nicht zu veröffentlichen getraut.“ Zwar gibt es sie auch auf „Shape“ noch hier und da, die hauchzarten Perlen des Cocktail-Pop, aber Beats und moderne Technik haben vehement Einzug gehalten in den Klangkosmos der Australier. Sicher nicht zuletzt ein Verdienst des Produzenten und Neneh-Cherry-Gatten Cameron McVey (alias Booga Bear), mit dem Frente das Album in den lauschigen südspanischen Nächten aufnahmen („Tagsüber war es einfach zu heiß zum Arbeiten“). Aber Simon: „TripHop wie unsere Plattenfirma schreibt ist es nun allerdings wirklich nicht. Eigentlich ist es auch keine Dance-Musik. Ich glaube, wir machen irgendwie eine sehr alternative Art von Mainstream-Pop.“ Für die Massen vielleicht ein wenig zu ambitioniert. Ihren Erfolg, den sie mit „Maryin“ hatten, konnten Frente mit „Shape“ jedenfalls bislang nicht wiederholen. Auch wenn die vier zuletzt monatelang mit Alanis Morissette auf Tournee waren. „Für den momentanen Geschmack klingen wir wohl nicht gequält genug.“

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