Die Cosa Nostra lässt bitten

Die Geschichte der Mafia ist in allen Medien präsent kein Wunder, dass auch die Game-Industrie das Potenzial des Stoffes entdeckte.

Die Cosa Nostra gibt es in der Realität nicht mehr. Zumindest, wenn man den italienischen Polizeiberichten der jüngeren Vergangenheit glaubt. Das Oberhaupt der einst so mächtigsten sizilianischen Mafia-Vereinigung, Bernardo Provenzano, wurde 2006 nach knapp einem halben Jahrhundert Fahndung verhaftet. Ein Jahr später holte sich die Staatsmacht seinen Nachfolger. Und Ende 2008 gingen zehn Passbilder um die Welt, auf denen die letzten Cosa-Nostra-Verdächtigen zu sehen waren. Deren Chef, Gaetano Lo Presti, tötet sich in der Zelle. Kapitel aus. Akte zu.

Überleben wird die Cosa Nostra dennoch. Alle Kunstformen haben sich von ihrem schaurigen Glanz zu großen Werken hinreißen lassen, sei es in Romanen, in Comics, in Hörspielen, in Fernsehserien und im Kino. Und natürlich erkannte auch das Computerspiel das Potenzial. 2004 war mit „Mafia—The Boss: La Cosa Nostra“ (Media Verlagsgesellschaft) sogar ein Game nach der reell existierenden Gruppe benannt worden. Das schlampig inszenierte Strategiespiel überlebte seine Vorlage aber nicht.

Genau genommen ist ein Großteil aller Computerspiele vom Mafia-Stoff beeinflusst, speziell die Gangster-Epen der jüngeren Zeit wie „Grand Theft Auto“ (in der früheren Folge ,Vice City“ sind die Figuren sogar italienischer Herkunft). Eine Auflistung aller Mafia-verwandten Computerspiele würde jeden Rahmen sprengen.

Games, die sich aber in Titel und Inhalt ausschließlich der Mafia verschrieben haben, kann man an zwei Händen abzählen. Erst 2002 erschien das erste echte Mafia-Epos, das sich bezeichnenderweise auch den Namen „Mafia“ gab und lediglich den eher schwammigen Untertitel „The City Of Lost Heaven“ hinzufügte.

„Mafia“ handelt vom Aufstieg des zunächst von Gewissensbissen geplagten Taxifahrers Thomas „Tommy“ Angelo, der Anfang der 30er Jahre in der Fantasiestadt Lost Heaven zum Killer mutiert. Die Entwickler von Illusion Softworks orientierten sich seinerzeit grob an der Realität (wieder La Cosa Nostra) und gelegentlich an Kinofilmen (Anleihen aus“.Scarface“

und „Der Pate“). Damit gelang ihnen ein sowohl technisch als auch erzählerisch überzeugendes Werk, das auch nach sieben Jahren immer noch als das gültige Mafia-Referenzspiel gilt. Für diesen Herbst ist der Nachfolger „Mafia 2“ angekündigt. Die ersten Trailer und Sequenzen lassen große Kunst erwarten.

Die Fortsetzung des zweiten gro&en Mafia-Titels „Der Pate“ (der erste Teil war 2006 erschienen) kommt jetzt in die Läden. Wirklich überzeugen kann das spannungsarme Geballere nicht (siehe Kasten). „Der Pate“ hat damit ein ähnliches Problem wie viele Film-Adaptionen, z.B. „Scarface“. Sie sind routiniert abgelieferte Fließbandarbeit, die ihr Publikum schon wegen der prominenten Titel relativ mühelos fanden. „Mafia“ hatte diesen Vorteil nicht. Der Motivation der Macher schadete das wenig. Im Gegenteil: Ohne den Schatten der Kinogiganten ließ sich der Mafiastoff für das Medium Computerspiel offensichtlich inspirierter aufbereiten.

Die Geschichte der Mafia-Game-Highlights ist also recht überschaubar. Zudem bedient die Optik praktisch aller Genre-Vertreter die allgemein bekannten Klischees von schwarzen Anzügen, Filzhüten und Gel-Frisuren. Bis zu einer realistischen Annährungan die Mafia unserer Tage, wie es etwa Matteo Garrone vergangenes Jahr mit dem Film „Gomorrha“ gelang, scheint es bei den Computerspielen noch ein ¿weiter Weg zu sein.

aum eine Strategiespiel-Reihe hat die Entwicklung des Computerspiels so nachhaltig nach vorn gebracht wie „Total War“. Die intensivsten Momente erlebt man in „Total War“-Spielen immer unmittelbar vor der Schlacht. Egal, ob man sich in der Antike, im Mittelalter, im 16. oder im 18. Jahrhundert mit seinen Gegnern herumärgert. Wenn die Diplomatie versagt hat, die Truppen gesammelt sind und das Heer friedlich durch die Landschaft trottet, reitet man als General hinter den eigenen Linien, überprüft, ob die Infanterie stabil genug marschiert, die Fernkämpfer geschützt sind und die Kavallerie an den Flanken jederzeit zum Schnellangriff bereit ist. Ringsum rauscht der Wald, die Vögel singen und die Grashalme wiegen sich sanft im Wind. Diese Ruhe ist intensiv. Sehr intensiv. Und man weiß: Gleich ist es damit vorbei.

Wenn jetzt der fünfte Teil „Empire“ erscheint, greifen bei den meisten Medien, von „Spiegel“ bis „SZ“, die alten Reflexe: Super Spiel, aber muss dieser Name „Total War“ sein? Nein, muss er nicht, aber er trifft den Kern. Denn so martialisch der Titel, so martialisch ist auch das Game. Ob die Spiele Jugendlichen zugänglich gemacht werden sollte, steht auf einem anderen Blatt. Die Diskussion um den Amokläufervon Winnenden hat die Frage erneut ins Rampenlicht gebracht.

Dem Deutschen kommt die Goebbels-Schöpfung vom „totalen Krieg“ ohnehin schwer über die Lippen. Der Brite ist da schmerzfreier. Das zuständige Entwicklerteam Creative Assembly aus Sussex hat nie Anstalten gemacht, am Namen zu rütteln. Die Marke besitzt mittlerweile eine enorme Stärke. „Total War“ ist das Coca Cola der Kriegssimulationen.

Seit über 20 Jahren ist Creative Assembly im Geschäft. Der Durchbruch kam 2000 mit dem ersten „Total War“-Titel „Shogun“, in dem der Spieler um die Vorherrschaft im Japan des 16. Jahrhunderts kämpft. Dabei setzte Creative Assembly einerseits auf eine einfache Form der Aufbauspiele wie in „Sim City“ oder „Civilization“. Anderseits wurde wesentlich mehr Liebe in ein neues, dreidimensionales Schlachtenprinzip gesteckt-was seinerzeit einer Revolution gleichkam. Schließlich war man es gewohnt, in „Age Of Empires‘-Manier, seine Truppen auf einer zweidimensionalen Fläche von A nach B zu schicken. Mit „Shogun“ wurde der Begriff Taktik für das Kriegsspiel praktisch neu erfunden. Berge, Wälder, Flüsse – alles spielte auf einmal eine wichtige Rolle, um die Schlacht erfolgreich zu bestreiten.

Der gewaltigste Schritt gelang Creative Assembly 2004 mit „Rome“. Immer detailreicher wurde die Kampf-Darstellung, die Grafik erreichte ein bis dahin unerreichtes 3Ü-Niveau. Die Spielzeitschriften überschlugen sich, es regnete Awards. Sogar das Fernsehen war beeindruckt. Der „History Channel“ übernahm die Spiel-Engine, um für eine ganze Serie antike Schlachten nachzustellen.

Derzeit gibt es auf dem Markt kein Spiel, das Historiker derart schätzen. Was nicht heißt, dass in „Total War“ alles geschichtlich korrekt ablaufen würde. Dass man fälschlicherweise mit Gladiatoren gegen Germanen in den Krieg ziehen kann, löste größere Protestwellen aus. Oder dass Mogontiacum (Mainz) östlich, statt westlich des Rheins auf der Karte abgebildet ist. „Total War“ ist das beste Hilfsmittel für einen inspirierenden Geschichtsunterricht. So anschaulich wie hier bekommt man historische Begriffe nirgendwo dargestellt. Wenn „Total War“ überhaupt Schwächen hat, dann sind es die enormen Anforderungen, die es an die Hardware stellt. Wer die aktuellen Teile genießen will, sollte einen High-End-PC besitzen (obendrein müssen sich die Benutzer ihr „Empire‘-Originalspiel mühevoll per Steam-Verfahren im Internet freischalten lassen). „Total War“ ist eins der letzten großen PC-Fossile, eins der wenigen Games von Rang, das es sich noch leisten kann, auf eine Konsolen-Umsetzung zu verzichten. In dieser Hinsicht scheint die sonst so progressive Spielreihe merkwü rdig antiquiert.

^^^^^^TlBws Training ist vorbei“, verkündet der Samurai im Trailer. Stimmt. Die Perspektive, mit der man in „Shogun“ das Schlachtfeld betritt, war bis dahin unvorstellbar. z3WPäus heutiger Sicht ist die Grafik hoffnungslos veraltet, die Soldaten ähneln eher Strichen als Menschen. Es braucht erhebliche Fantasie, um die Landschaften als solche wahrzunehmen. Doch mehr war vor neun Jahren für die Idee der 3D-Schlacht nicht drin. In „5hogun“ entwickelt „Total War“ seine ureigensten Stärken. Ein hoffnungsvolles Debüt. * * * * (für PC) MEOIEVAL (ACTI VISION, 2002) „Shogun“ erobert Europa. Grafisch hat sich leider nicht viel getan. „Medieval“ ist ein solider, aber durchaus opulenter Aufguss des Vorgängers, erweitert um zahlreiche Völker und einige schöne historische Notwendigkeiten. Kreuzzüge versus Dschihad zum Beispiel. Kommerziell war das Game sogar einträglicher als „Shogun“. Dem PC-Strategen ist Europaeben näher. ¿*() (für PO ROME (ACTIVISION, 2004) Schon ein Blick auf die Übersichtskarte macht’s deutlich: Bei „Rome‘ wurde investiert. Liebevoll sind die Länder gestaltet, man zoomt nach ^^^^^^^^ Herzenslust an seine Ar^W^^^Hff Alles ist besser: die Figuren, die Gebäude und erst recht die Schlachten. Rome“ ist unterhaltsamer Geschichtsunterricht; farbenfroh, sinnlich, ergreifend. Kurz: die Essenz der „Total wai‘-Reihe.* * * DER REIZ DES KRIEGES

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