Die Fee mit Pfiff

Hinter ihrem Cello wirkt sie elfengleich - doch Caroline Lavelle kann auch handfest werden

Freya residiert im Schlafzimmer und guckt herablassend. Lieber nicht näher kommen. Freya ist der Windhund des Hauses, eine arrogante, riesige Schönheit russischer Abstammung. In der winzigen Wohnküehe hängen an einer schiefen Wand Preise für hervorragende Eier. Wo sind die Hühner? „Der Rest ist im Nachbarstall, die anderen hat der Fuchs geholt.“ Aus dem Küchenfenster blickt man auf die sanfte Hügellandschaft Südenglands: Schafe, hohe Hecken, Pferde, geduckte Häuschen, mindestens 300 Jahre jung – Pilcher-Land.

Hier lebt die schöne Fee des Cello, Caroline Lavelle, die Klassik-, Rockund Pop-Könige gleichermaßen entzückt. Für Nigel Kennedy, Peter Gabriel, Ryuichi Sakamoto, Massive Attack, Siouxsie Sioux, die Indigo Girls und viele andere entlockte sie ihrem alten Cello die wärmsten Klänge. „So wunderbar, wie es klingt, so mörderisch kompliziert ist es, ein Cello zu beherrschen. Ich spiele es jetzt wie andere vielleicht ein Saxofon.“

Vor sechs Jahren wagte sie sich an ein erstes Solo-Album, „Spirit“. William Orbit produzierte, Nigel Kennedy geigte – alles sehr hip. Märchenklänge mit Ambient-Seele. Und nun das zweite Werk, allein komponiert und produziert unter Hilfestellung von guten Bekannten wie HectorZazou, Eleanor McEvoy und Michael Nyman. „Ein Freund sagte mir vor ein paar Jahren, Komponieren sollte ich vergessen. Cello sei ja schon schwer genug. Was für ein Idiot! Komponieren ist das Aufregendste, was mir je passiert ist!“

Caroline Lavelle wirkt mit ihrem Engelshaar zwar wie aus dem Elfenreich hinter den Bergen, ist aber durchaus handfest in der digitalen Hexenküche zu Hause. Unterm Reetdach ihres winzigen Cottages steht alles, was ein Computer an musikalischen Tricks bieten kann. Ideen werden per MD-Player gespeichert, beim Spaziergang mit Hund. Lavelle liebt die wilde Natur. Fünf Stunden konzentrierte Arbeit, dann nichts wie raus, Luft holen.

Vor zwei Jahren, zur Sonnenfinsternis, war sie auch draußen. „Es gab plötzlich ein unglaubliches Licht und eine atemlose Stille. Wie bei Vollmond, aber mitten am Tag. Daher auch der Albumtitel ,Brilliant Midnight‘. Ich war so überwältigt, dass mir die Tränen runterliefen. Zum Glück hat mich keiner beobachtet, sonst wär’s seltsam gewesen.“ Allerdings: Freya war dabei – doch die ist erhaben über seltsame Gefühle.

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