Die HipHop-Formation Mellowbag ist ein transatlantisches Bündnis mit Hauptsitz in Berlin, das subtilen Acid- Jazz spielt

Posen, Prouen, Protzen – so zeigt sich meist der Rap. Hier hat er ein anderes Gesichter: Mellowbag schlagen sanfte Töne an, und durch Funk-, Acid Jazz- und Ragga-Einflüsse entsteht eine Beat-Boutique, bei der selbst Hip-Hop-Hasser große Ohren bekommen. Nicht umsonst heißt ihr neues Album „Bipolar Opposites“. Ihre Gegensätze sind Bandgeschichte. Das bekannteste Mitglied dieses Quintetts heißt Tyron Ricketts, Sohn eines Jamaikaners und einer Österreicherin, der die Rap-Sendung „Wordcup“ auf VIVA moderierte. Sein Kollege Robert „Coldfingah“ Philipp ist halber Slowake, MC Akanni stammt aus New York und Sängerin Cecile aus Frankreich. Nur O. Scheffer aka DJ B-Side ist Bayer.

Aus ihrer multikulturellen Herkunft haben Mellowbag eine eigene Position entwickelt. Sie diskutieren statt zu dissen und geben wenig auf HipHop-Klischees. East, West, Stuttgart, Hamburg oder Rödelheim – als transatlantische Truppe ist ihnen der Schul-Streit egal. Sie leben in Köln, Wiesbaden und Berlin, und obwohl sie auf Englisch rappen, empfinden sie sich als „deutscher Act“. Die anglo-amerikanischen Pässe der beiden Rapper und Texter machen sie authentisch. Posen mit Anglizismen haben sie nicht nötig. „Wir haben den ewigen Zank um die Sprache im HipHop satt“, sagt Tyron. „Musik ist unsere Sprache.“

Soul-Balladen wie „Heartbeat“ erbeben unter der Stimme von Cecile. Pop-Appelle, Funk-Samples und Electro-Orgel integrieren sich stilvoll. Mellow HipHop. Schmuse-Songs, aber ohne Weichspüler. Damit gehören sie zu der zweiten Generation des hiesigen Rap. „Seit zwei Jahren hat die Szene in Deutschland eine eigene Sprache entwickelt“, erläutert Mellowbag-Mastermind Philipp. Und statt sich als Konkurrenz zu begreifen, stehen sich die Shooting-Stars freundschaftlich gegenüber. Ein Beweis dafür ist die letztjährige Gemeinschafts-Single „Tabula Rasa“ von Mellowbag, Freundeskreis und Mr. Gentleman, die auch auf „Bipolar Opposites‘ ‚zu hören ist. Bei aller Liebe gab es später dennoch darüber Diskussionen, wem der Song nun gehöre.

Aber keine Frage, die neue Sprache steht den Deutschen gut. Musikalisch orientieren sie sich an den liberalen, sogenannten „Native Tongue“-Rapper aus Brooklyn. Die Jungle Brothers und A Tribe Called Quest setzten Ende der 80er Jahre erstmals weichere Melodien ein. R&B, Jazz und gar Pop machten Rap harmonischer, Frauenverachtung und Gangsta-Manieren ließen Federn. Der kommerzielle Durchbruch gelang mit dem Hit „Killing Me Softly“. „Die Fugees haben uns bei unserem ersten Album sehr inspiriert“, sagt Ricketts. Zwei Jahre danach haben Mellowbag ihren eigenen Stil gefunden – und der kulturelle Schmelztiegel auch hierzulande eine Stimme.

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