Die Kunst der Kontrolle

Aimee Mann legt mit "Lost in space" ihr bisher wohl ambitioniertestes und schönstes Album vor-natürlich auf ihrem eigenen Label.

Du kannst dir meine Platte nicht anhören und denken: ,Oh, das ist eine abgedrehte Captain Beefheart-Platte, von der sich wahrscheinlich niemals ein Exemplar verkaufen lässt‘ Das musst du zumindest anerkennen. Es ist ein bisschen lächerlich, wenn dir jemand einfach sagt, es klingt unfertig oder ist nicht gut genug. Es ist, was es ist, ob man es mag, ist eine Sache, aber wenn man es nicht mag, warum erzählt man mir dann, dass man mich unter Vertrag nehmen möchte?“

Aimee Mann ist noch immer nicht gut auf Plattenfirmen zu sprechen, die ihr mangelnde Radiotauglichkeit vorwarfen. Der Tonfall bleibt bei allen Anschuldigungen kühl-distanziert, ohne allerdings die nötige Schärfe vermissen zu lassen – als würde sie einen ihrer Songs singen. Dabei fläzt sie sich lässig auf dem Designersofa, als wolle sie sagen: „Das kratzt mich alles nicht mehr.“ Ihr Soundtrack zu Paul Thomas Andersons „Magnolia“ verkaufte sich knapp 400 000-mal, und auch ihr letztes Album „Bachelor No2“, das auf ihrem Label Superego erschien und zunächst nur übers Internet zu bekommen war, lief gut. „Ich hatte bisher keinen Mega-Erfolg, aber ich war auch nicht ganz erfolglos.“

Ganz zu schweigen von der Anerkennung der Kritik und Kollegen. Prominentester Verehrer: Elvis Costello, mit dem sie auch schon einige Songs schrieb. „Wir haben uns schon jahrelang nicht mehr gesehen. Wir sind keine guten Freunde oder so. Aber als ich ihn kannte, war er sehr charmant Und er interessiert sich wirklich für alles: Oper, obskure Singer-Songwriter, Big Band Swing… Er ist offensichtlich brillant, seine Erscheinung deutet ja schon auf Genialität hin (lacht). Ich konnte niemals mit ihm mithalten. Meine musikalischen Interessen sind recht begrenzt, dafür aber sehr bestimmt“ Auf ihrem neuen Album „Lost In Space“ hat sie daher auch wieder die volle Kontrolle. „Wenn mein Name auf der Platte steht, bedeutet das, dass ich sie gemacht habe. Ich habe die Verantwortung. Es ist mir daher wichtig, wie das Album klingt J^ost In Space‘ habe ich viermal gemastert Ich habe das alles aus eigener Tasche bezahlt Die Leute zahlen dafür schließlich auch eine Menge Geld, und sie vertrauen mir.“

Vielleicht ist es ihr bestes Album geworden, ganz sicher ist es ihr ambitioniertestes: „Ich habe das von Anfang an ab in sich geschlossenes Statement konzipiert Daher habe ich die Reihenfolge der Stücke immer wieder geändert, bis alles zusammenpasste.“ Zwei Stücke fielen da gleich ganz raus: das eingängige „Nightmare Girl“ und „Backfire“, eine Zusammenarbeit mit Jon Brion und Ehemann Michael Penn, die Besitzern der deutschen Ausgabe von „Bachelor No. 2“ schon bekannt sein dürfte.

„Wenn du dir die Platte anhörst, dann scheint der Titel die Themen der einzelnen Songs ganz gut zusammenzufassen. ,Lost In Space‘ ist ein Bild für Distanz zwischen Menschen oder für den Zusammenbruch von Kommunikation. Ich hab lauter Songs gesammelt, die vom Gefühl her ähnlich sind. Da passten die beiden am Ende einfach nicht rein.“ Dafür sei in letzter Minute noch ein brandneuer Song auf das Album gerutscht „The Moth“. Was für ein Song das ist, will sie nicht sagen: „Er passt sehr gut auf das Album. Was soll ich sonst noch sagen? Meine Songs sind das definitive Statement, besser kann ich’s nicht sagen. Ich schreibe, darin bin ich gut. Den Rest überlasse ich anderen.“

Das galt auch für die „Acoustic Vaudeville Tour“, eine Konzertreise durch kleine Qubs mit Michael Penn: Da beide eine gewisse Scheu davor haben, mit dem Publikum zu kommunizieren, besorgten sie sich verschiedene Comedians, die diesen Part zwischen den Songs für sie übernahmen. „Wir sind nun mal keine Performer“, grinst Aimee etwas verlegen, „aber wenn du einen Gitarrenpart brauchst und keine Gitarre spielen kannst, holst du dir ja auch einen guten Gitarristen. Das Ganze begann in einem kleinen Club in L.A., der Freunden von uns gehört Wir haben da regelmäßig gespielt, und da wir einige Comedians

kennen, haben wir sie gefragt, ob sie mitmachen wollen. Später haben wir sie dann auch mit auf die Tour genommen.“

Die nächsten Europa-Konzerte wird Aimee wieder solo mit ihrer Band bestreiten. „Wir würden aber gerne noch ein ,Acoustic-Vaudeville‘-Live-Album machen. Das könnte was werden. Ich hab da ja dieses Label.“

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