Die Wut tat gut

Früher war er wilder: Rich Hopkins leitet seine Band Luminarios heute mit sanfter Hand

Dude, you can sing the blues by yourself tonight!“ Mit diesen harschen Worten, die sein Kumpel Dave Seger ins Telefon blaßte, begann Rieh Hopkins‘ Sängerkarriere. Das war Mitte der Neunziger, als Hopkins und Seger mit ihrer Band Underbelly Konzerte gaben. Gegen Ende der Tour gerieten die beiden über eine Lappalie in Streit, so dass Seger ihm Stunden vor dem Homecoming-Gig in Tucson die Zusammenarbeit aufkündigte. Ungeschickt, denn Seger war der Lead-Sänger. Rieh Hopkins ging abends auf die Bühne, blass und lampenfiebrig, und sang den Blues selbst. Irgendwie ging das. „Ich wurde zum Sänger“, sagt er heute, „als ich merkte, dass ich mich auf andere Leute nicht mehr verlassen konnte.“

Die Hörer daheim in Arizona messen ihn noch immer an der vokalen Leistungsfähigkeit seines Ex-Sidewinders- und Sand Rubies-Partners David Slutes, die Rieh Hopkins nach eigener Einschätzung nicht so bald erreichen wird. In Deutschland zum Beispiel, wo die früheren Bands nie so präsent waren, kann Rieh Hopkins mit seinen Luminarios befreiter aufspielen. Auch das neue Album „My Lucky Stars“ wird nichts daran ändern, dass der Wüstenrocker, Roadrunner, Karohemdenträger vor allem einen Ruf als großer Performer hat. Rund hundert Konzerte im Jahr, trotzdem hat sich Hopkins die latente Angst vor vergessenen Textzeilen und verstimmten Gitarren bewahrt: „Eine andere Gefahr ist, dass man hektisch wird. Deshalb bin ich gerne Bandleader, weil ich selbst entscheiden kann, wie lange die Pausen zwischen den Liedern sind.“

Früher, berichtet er, habe er widerspenstige Instrumente beim Konzert kurzerhand zerschlagen – „kann ich mir nicht mehr leisten, seit ich Gretsch-Modelle spiele“. Hopkins‘ Gitarren flogen auch in Richtung der Mitmusiker, wenn die nicht spurten. Das erzählt er nicht als heitere Anekdote, sondern als Problem-Geschichte: „Ich habe einige Male echt die Kontrolle über mich verloren.“ Oft war Neid auf Sänger Slutes im Spiel, der alle Frauen abbekam. In Montreal haben er und Hopkins sich standesgemäß geprügelt, auf der Bühne, drei Minuten nach der Show.

Beherrschung hat Rieh Hopkins mit 43 Jahren gelernt. Ein Bandleader muss auch Vorbild sein.

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