Dieter Hallervorden: Ein „alter weißer Knacker“ echauf­fie­rt sich mal wieder übers Gendern

„Für mich ist Gendern ein Martyrium“, soll es in einem Lied auf seinem neuen Studioalbum „80plus“ heißen

Die Veröffentlichung von Dieter Hallervordens neuem Album „80plus“ steht bevor: Am Freitag (05. November) wird sein neues Werk erscheinen. Laut der „Deutschen Presseagentur“ wettert Hallervorden darin mal wieder gegen die Gendersprache – vor knapp zwei Monaten hatte er sich bereits darüber echauffiert. Er selbst betitele sich darin aber auch als „alter weißer Knacker“, liefert also eventuell gleich die Antwort darauf mit, worin seine Wut auf den neuen Anspruch linguistischer Gleichberechtigung wurzelt.

Der „dpa“ läge „80plus“ bereits vorab vor, sie betitele es als ein Album, dass „nach einer Mischung aus Lebensrückschau und Après-Ski“ klingt. Tatsächlich hatte Hallervorden mit seiner bereits veröffentlichten Single „Mein Leben“ einen sehr persönlichen Rückblick auf sein Erlebtes musikalisch verarbeiten. „Mein Leben du warst kein Ponyhof / Ich provoziеrte als Clown und als Philosoph“, heißt es im Refrain des Stücks.

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Interessant wird es vor allem aber, wenn der „alter weißer Knacker“ – so nennt er sich im gleichen Song – politisch wird. Das sowas hin und wieder mal nach hinten losgeht, konnte man in der Öffentlichkeit in den letzten Jahren mehr als genug beobachten, und auch Hallervorden selbst hatte im September bei der Vorstellung seines Spielplans 2021/2022 für das Berliner Schlosspark Theater für solch einen Moment gesorgt: Zu allem Überdruss sollte er auch noch einen Nazivergleich anführen.

„Ich weiß, ich bin ein alter weißer Knacker, doch auch in der Birne noch ein sexy Motherfucker“

„Für mich ist Gendern ein Martyrium“, heiße es in dem Song, an anderer Stelle wird zitiert: „Muss ich den Zapfhahn jetzt Zapfhuhn nennen?“ Damit fällt Dieter Hallervorden nicht als erster in die Falle, solche aus den Fingern gesaugten Absurditäten phantasieren zu müssen, um seinen Standpunkt mittels des staubigen Humors zu verteidigen. Die Jugend hat für solche Situationen bereits einen Begriff gefunden: „cringe“.

„Ich bin ein Freund der Gerechtigkeit“, singt der 86-Jährige weiter. „Beim Gendern tut mir Mutter- und Vatersprache leid / Ihr Klang so schön, es ist verzwickt / Wird von Sternchen, von Punkten und Strichen gef–“, das letzte Wort würde übertönt werden – „gefickt“ sollte es heißen, würde dann aber durch einen Piepton, wie man ihn aus dem US-amerikanischen Free-TV kennt, unterbrochen.

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Nicht ganz ersichtlich ist hierbei, was gerade ältere, meist weiße Männer wie „Didi“ am Gendern auszusetzen haben – schließlich sind sie von der ungleichen Behandlung innerhalb der deutschen Sprache nicht betroffen; haben bisher nur davon profitiert. Oder liegt es daran, dass sie diese privilegierte Position damit abtreten würden, wenn die Sprache auf einmal alle Personen anspreche und nicht mehr ausschließlich sie allein?

Ein „alter weißer Knacker“ wie Dieter Hallervorden wird schon seine Gründe haben, den Kampf mit der Gendersprache auf sich nehmen zu wollen. Gegen irgendwas muss man ja protestieren – das Gendern scheint die größte Bedrohung dieses Sinus-Milieus darzustellen, das von sich selbst behauptet, „in der Birne noch ein sexy Motherfucker“ zu sein. Während andere täglich dem Rassismus oder sexueller Gewalt ausgesetzt sind, ist es bei Dieter Hallervorden die Angst, ob er in Zukunft vielleicht „Bitte aus’m Zapfhuhn“ sagen muss, wenn er in seiner Stammkneipe ein Bier bestellen möchte.

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