Donald Cumming: Dire Straits plus Strokes

Den Virgins lässt Donald Cumming nun eine Platte mit 70er-Jahre-Radio-Rock folgen.

Donald Cumming ist kein Mann der vielen Worte. Vielleicht hätte ich aber auch einfach nicht nach seiner Katze fragen sollen. „Mein Apartment ist vor Kurzem abgebrannt“, hat er mit tonloser Stimme geantwortet. „Seitdem habe ich sie nicht mehr gesehen.“

Es war am 26. März passiert, der Musiker stand mit Tränen in den Augen auf der Second Avenue auf der New Yorker East Side. Wo seine Wohnung war, züngelten Flammen, die Polizei ließ ihn nicht durch die Absperrung. „Ich habe an dem Tag alles verloren, was ich jemals besaß, alles, was ich jemals geschrieben habe.“ Der Schock sitzt offenbar noch tief.

(Photo by Gus Stewart/Redferns)
(Photo by Gus Stewart/Redferns)

„Nur in New York hat mein Leben Sinn“

Cumming hat ein Soloalbum aufgenommen: „Out Calls Only“ ist die erste musikalische Äußerung seit dem Split seiner Band The Virgins vor zwei Jahren. Inhaltlich geht es unter anderem um seine Scheidung von der kanadischen Künstlerin Aurel Schmidt. Nachdem das Album aufgenommen war, ließ Cumming es eine Weile liegen, um Abstand zu gewinnen. Als sein Apartment ausbrannte, lagerten die Bänder bereits abgemischt im Studio. Immerhin die sind ihm geblieben.

Es ist nicht das erste Mal, dass Cumming vor dem Nichts steht. Als er zwölf Jahre alt ist, stirbt sein Vater, ein Schnapsladenbesitzer, der sein eigener bester Kunde war. Mit seiner Mutter verlässt Donald den „Big Apple“ in Richtung Florida, lange hält er es dort aber nicht aus: „Nur in New York hat mein Leben Sinn.“ Mit 16 geht er zurück und wird Teil einer Kunstszene, die gar nicht erst versucht, sich aus dem Schatten der glorreichen Vergangenheit zu lösen.

Vom Tellerwäscher zum It-Boy

Sein Geld verdient er als Tellerwäscher, nebenbei arbeitet der Beau als Model für den Aktfotografen Ryan McGinley. 2006 gründet er mit seinem Model-Kollegen Wade Oates The Virgins. Ihr Sound ist hip, ihre Videos sind cool, und Cummings Popularität innerhalb der Stadt bald so groß, dass er in einer Folge von „Gossip Girl“ auftritt.

Seine Band tourt um die Welt, spielt als Support für New Yorker Idole wie Patti Smith und Lou Reed. „Es war aufregend, Orte außerhalb von Amerika zu sehen, das habe ich sehr genossen“, sagt Cumming. Dennoch trennen sich The Virgins im November 2013 während einer Tournee.

The Virgins: Donald Cumming, Nick Ackerman und Wade Oates (Photo by Bryan Bedder/Getty Images)
The Virgins: Donald Cumming, Nick Ackerman und Wade Oates (Photo by Bryan Bedder/Getty Images)

„Meine Songs richten sich nicht an Teenager“

„Wir hatten alles erreicht. Ich hatte einen Deal für ein Soloalbum. Die Entscheidung kam wie von selbst“, sagt er, als wäre es keine große Sache, eine erfolgreiche Band aufzulösen. „Dein Leben ändert sich, du änderst dich. Ich bin um einiges erwachsener geworden.“

Cummings neue Songs klingen tatsächlich erwachsen – so erwachsen, dass sich Kritiker an den Adult-Oriented Rock der Dire Straits erinnert fühlten – natürlich nicht ohne zu erwähnen, dass Cumming es seltsamerweise schaffe, deren Sound mit der New Yorker Coolness der Strokes zu verbinden. „Ich höre nicht viel neue Musik“, sagt Cumming. „Meine Songs richten sich nicht an Teenager.“

In dem Song „Scarecrow“ findet sich sogar eine ellenlange Psychedelia-Passage – der einzige Bruch im ansonsten hochmelodiösen Vintage-Radio-Rock. „Ich mag es, Stimmungen festzuhalten, die nur einen Augenblick dauern. Man sollte bloß wissen, wann man aufhören muss.“

 (Photo by Foc Kan/WireImage)
(Photo by Foc Kan/WireImage)

Ich wiederum kann nach dem Interview nicht aufhören, über Cummings Katze nachzudenken. Später suche ich im Internet nach Meldungen über den Wohnungsbrand. Eine Gasexplosion. Offenbar haben Haustiere es noch aus dem Gebäude geschafft und sind später verängstigt in der Nachbarschaft wieder aufgetaucht.

Auf Facebook finde ich eine Suchanzeige von Cumming selbst: „LOST CAT. ,Leatherface‘. He is a small, grey/tan/white cat with VERY BLUE EYES. If you see him, PLEASE be in touch.“ Ich schreibe: „Tut mir wirklich leid, das mit deiner Katze. Und sorry, dass ich dich da­rauf angesprochen habe.“

„All good, no worries“, antwortet er einige Stunden später.

Gus Stewart Redferns
Bryan Bedder Getty Images
Foc Kan WireImage
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