Doppel-Begabung

Sophie Auster, 17, Tochter von Paul Auster und Siri Hustvedt, schreibt nur heimlich - und singt für alle

Es muss ein überdurchschnittliches Leben sein, wenn man Mitglied der Familie Auster ist. An einem gewöhnlichen Tag ist Mutter Siri Hustvedt mit ihrem jeweils neuen Buch oder vielleicht einem Essay beschäftigt; Vater Paul Auster schreibt im zweiten Arbeitszimmer oder schneidet gerade seinen neuesten Film. In Austers „Lulu On The Bridge“ spielte Tochter Sophie vor acht Jahren auch ihre erste Rolle, mit zehn. Seither hat sie sich eher mit Musik befasst, sang und spielte in New Yorker Musicals, Chören und kleinen Folk- oder Jazz-Ensembles. Im Gespräch merkt man diese natürliche Nähe zu allem Kreativen, aber man erkennt auch den Teenager – wenn eine Frage eine allzu inwendige Antwort erfordert, dann seufzt Sophie und sagt „…I don’t know“, als wäre es peinlich, über solche Erwachsenensachen zu sprechen.

Muss man sich Ihr Zuhause als literarisches Kabinett vorstellen, in dem man immer leise sein muss?

„Überhaupt nicht. Das Telefon klingelt dauernd, ständig kommen Leute vorbei, und Papa versucht, das Chaos zu bändigen, was meistens nicht gelingt.“

Wie wirkt es sich aus, zwei Stars der Literatur als Vater und Mutter zu haben? „Zum Beispiel so, dass mir meine Mutter schon mit zehn Jahren Dickens und die Bronte-Schwestern als Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen hat. Ziemlich schwerer Stoff für ein Kind, finde ich.“

Das Klischee wäre ja: Sie haben mit dem Singen angefangen, um etwas anderes als Ihre Eltern zu tun.

„So war das gar nicht. Ich singe ja nicht, um vor meinen Eltern wegzulaufen. Ich bin einfach anders als meine Eltern: Ich liebe es aufzutreten – sie hassen es. Ich will immer im Mittelpunkt stehen – sie wollen das bloß für ihre Bücher. Ich will Musik, weil man sie im Körper spürt auch das ist beim Schreiben ja ein bisschen anders.“

Sie spielen in dem neuen Film Ihres Vaters („The Inner Life Of Martin Frost“) und stehen demnächst für Raoul Ruiz vor der Kamera. Ist Schauspielerei eine Alternative zur Musik?

„Eigentlich war sie das nicht mehr, aber der Film hat schon Spaß gemacht. Mein Vater hat immer gesagt: „Du kannst das, ich weiß es.“ Und ich hab’s ja auch hingekriegt.“

Ungeachtet solcher Möglichkeiten hat Sophie Auster nun ein Album aufgenommen. Wiederum ist der Papa die Schlüsselfigur: Vor einiger Zeit schrieb Auster für ein Albumd es New Yorker Folk-Pop-Kunstmusik-Duos One Ring Zero einen Text. Dass der Literat begeistert war, kann nicht verwundern: Auster betont gern, dass er die Musik als Kunstform für bedeutsamer hält als die Literatur. Jedenfalls haben One Ring Zero der Tochter einige Lieder geschrieben, aus denen ein Album namens „Sophie Auster“ wurde.

Die Texte für Ihre Platte basieren auf alten französischen Gedichten, die Ihr Vater ins Englische übersetzt hat. Ist das nicht arg kunstbeflissen?

„Eigentlich sollte ich die Texte schreiben, aber ich habe es nicht hingekriegt. Papa kam dann mit den Gedichten, und die haben mich sofort berührt. Wir haben ein paar Texte dazugeschrieben, damit alles zusammenpasst.“

Sind Sie mit der für Sie neuen Situation im Studio gleich klargekommen? „Michael (Hearst) und Joshua (Camp) waren am Anfang rebellisch, von wegen, der prominente Papa macht einen Hype um seine Tochter. Ich war erst 16, und sie haben mich wie ein Baby behandelt. Aber ich habe mich durchgekämpft.“

Zum Schluss hat Sophie Auster eine Überraschung parat: Die 17-Jährige hat an einem New Yorker College ein Studium aufgenommen – Literatur. „Ich wollte mich mit etwas befassen, mit dem ich nicht ohnehin dauernd zu tun habe“, erklärt sie. „Ich habe schon immer geschrieben. Nur habe ich es nie jemandem gezeigt – ich denke, dass das so bleiben wird.“ Wollen wir wetten?

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