Eine Stunde bis Stockholm

Die schwedische Songschreiberin Sophie Zelmani genießt ihr Leben in der beschaulichen Provinz

Man würde sie gern mal dort draußen treffen, auf dieser vielleicht 3000-Seelen-lnsel, eine Stunde von Stockholm entfernt. Wo alles „langsamer und einfacher“ ist. Wo Sophie Zelmani es schon aufregend findet, wenn sie die Autos wiedererkennt, die an ihrem Haus vorbeifahren. Wo die Hauptattraktion ein Restaurant mit Karaoke-Betrieb ist. „Alle singen dort, nur ich nicht“, sagt die brünette Schwedin und lacht kurz auf. Ein spöttischer Zug umspielt dann ihren schönen Mund, grüne Augen flackern unter zuviel Schminke. Doch jetzt hockt die junge Frau in Hamburgs neuestem Designer-Hotel, wo sie mit ihren Pippi-Zöpfen ähnlich verloren wirkt wie der alte Lederball hinter Glas in der Lobby. Noch. Es ist das letzte Gespräch für heute. Vielleicht lacht sie deshalb öfter, als zu vermuten war. Die Zelmani gilt ja als schwieriger Fall für Promotion-Routine, als etwas sozialverträglichere Variante der schweigenden Landsfrau Stina Nordenstam. Zelmani spricht und sagt, „Rache“ sei immer noch das Hauptmotiv vieler ihrer hingehauchtzitterten Folk/Country-Songs. Was anmutet, als würde Elvis Costello behaupten, Vergebung sei die Triebfeder seines Schaffens. Ihre Songs klingen wie eine unendliche zärtliche Umarmung. Aber die kann ja auch besonders süß und grausam sein.

„Love Affair“, das neue Album, ist ihr fünftes seit 1995. Damals hatte sie gar keine Platten, heute eine größere Sammlung. „Alles wird bedeutungslos, wenn du anfängst zu vergleichen“, seufzt Zelmani.“ Gerade hört sie viel Charlie Rich, „der klingt wie Elvis“, ein paar schwedische Bands, auch Lisa Miskovsky und „immer Bob Dylan„. Treuer ist nur noch Lars Halapi, ihr Multi-Instrumentalist und Produzent, der vom Start weg immer zur Stelle war, wenn Zelmani mal wieder einen Haufen Songs beisammen hatte, die ihre Schwester als wichtigste A&R-Instanz passiert hatten. „Ich glaube nicht, dass ich von allein woanders hingehen würde. Das würde ich mich kaum trauen. Außerdem freue ich mich immer noch darauf, wieder mit Lars zu arbeiten. Er ist der Hauptgrund, es überhaupt zu tun.“ Aber leichter ist es nicht geworden. „Normalerweise arbeiten wir zwei Wochen durch. Hinter verschlossenen Türen. Diesmal war es Stückwerk, ich wusste manchmal nicht mehr, wo wir gerade stehen. Irgendwas fühlte sich falsch an. Vermutlich, weil wir nebenher unser normales Leben weiterführten, jede Nacht nach dem Studio nach Hause gingen.“ Dort draußen, sagt Sophie Zelmani, kenne sie viele Leute, mit denen sie mal einen Kaffee trinke, man lerne dort „mehr über das Leben der Leute“. Aber die meisten wüssten wiederum nicht, dass sie Sängerin sei. Dabei sind ihre Platten doch überall zu haben, eine Stunde entfernt, in Stockholm.

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