ESC: Gewinner JJ und mehr Länder fordern Ausschluss von Israel
Die Kriegs-Strategie der Regierung von Benjamin Netanjahu fällt der Popszene auf die Füße

Die Meldungen aus dem politischen Ressort finden mit wachsender Dynamik ihren Widerhall im Unterhaltungsbereich. „Israel verliert seine Unterstützer in Europa“ heißt es aus der Politik zu den neuen Angriffswellen des Landes im Gaza-Streifen.
Auch im Pop-Segment fordern mehr Länder einen (vorläufigen) Ausschluss von Israel aus der EBU/Eurovision, die als Sender-Dachorganisation den Gesangswettbewerb ESC ausrichtet. Zuletzt hatte sich der spanische Premierminister Pedro Sánchez dafür ausgesprochen, Israel aus der Organisation zu verbannen.
Vordergründig geht es bei den Rundfunk-Leuten um eine Überprüfung der Punktevergabe beim Wettsingen in Basel. Yuval Raphael aus Israel hatte bekanntlich die meisten öffentlichen Stimmen (297) für ihren Song „New Day Will Rise“ bekommen und zusätzlich 60 Punkte von den Jurys. Platz Zwei mit insgesamt 357 Punkten.
„Aufschlüsselung der Abstimmungszahlen“
Großbritannien, Belgien, die Niederlande und Spanien gehörten zu den Ländern, deren Zuschauer Israel die Höchstpunktzahl 12 gaben, während Irland und Finnland immerhin jeweils 10 Punkte verteilten. Offenbar ungeachtet des andauernden Konflikts des Landes mit Palästina, der gerade in Irland zu massiven Soli-Aktionen für die Menschen in Gaza geführt hatte.
Die nationalen Rundfunkanstalten von Spaniens und Belgien beschwerten sich bei der EBU. Sie fordern eine Untersuchung des Televoting-Systems. Fans können hier bis zu 20 Mal per Telefon, SMS oder App abstimmen. Auch Irlands Nationalsender RTE verlangte vom Abstimmungs-Provider Once zuletzt eine „Aufschlüsselung der Abstimmungszahlen“.
Von den niederländischen Öffentlich-Rechtlichen Avrotros und NPO kommt eine Grundsatzerklärung. Der europäische Senderverbund werde „zunehmend von gesellschaftlichen und geopolitischen Spannungen beeinflusst“, heißt es dort. Die Teilnahme Israels „wirft die Frage auf, ob die Eurovision wirklich noch als unpolitisches, verbindendes und kulturelles Ereignis funktioniert.“
Viel Dampf auf dem Kessel
Zuvor hatte RTÉ hatte die Eurovision explizit um eine Diskussion über die Teilnahme von Israel gebeten. Auch der slowenische Sender RTV SLO forderte ein Israel-Bann, Der isländische Außenminister nannte es „seltsam“, dass das Land weiterhin am Wettbewerb teilnehmen könne.
Es mischen sich also Statements hochrangiger Politiker mit Organisations- und Grundsatzfragen der Sender, die sich alle um „Israel“ drehen. ESC-„Executive Superviser“ Martin Green sagte dazu in einer ersten technokratischen Stellungnahme: „Die EBU ist eine Vereinigung von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, nicht von Regierungen. Wir stehen in ständigem Kontakt mit allen teilnehmenden ESC-Sendern, einschließlich RTVE in Spanien, und nehmen ihre Bedenken ernst.“
Und weiter: „Wo der ESC 2025 nun beendet ist, werden wir eine umfassende Diskussion mit allen Anstalten führen, um alle Aspekte der diesjährigen Veranstaltung im Rahmen unseres Planungsprozesses für den 70. ESC im nächsten Jahr zu reflektieren und Feedback zu erhalten.
Viel Dampf auf dem Kessel also.
Dazu kommen Statements aus dem Künstler-Camp, die einem wenig originellen Herdentrieb zu folgen scheinen. Nach ESC-2024-Sieger Nemo hat sich auch ESC-2025-Sieger Johannes Pietsch alias JJ für einen Ausschluss Israels stark gemacht. „Es ist sehr enttäuschend, dass Israel noch am Wettbewerb teilnimmt“, zitierte ihn die spanische Tageszeitung „El País“.
„Ich würde mir wünschen, dass der Eurovision Song Contest nächstes Jahr in Wien stattfindet, ohne Israel. Aber der Ball liegt nun bei der EBU. Wir Künstler können uns nur dazu äußern.“