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Fleischgewordener Zach-Braff-Streifen: Joshua Radin im Berliner Heimathafen

Singer-Songwriter Joshua Radin lieferte am Mittwochabend Postkartensprüche am laufenden Band – vor Vertikalklatschern und First-Date-Fummelpärchen.

Joshua Radin … Joshua Radin. Versierte Fernsehzuschauer kennen den Singer-Songwriter aus Ohio natürlich, er hat ja immerhin die traurigsten TV-Momente der 2000er mitfühlend mit der Gitarre begleitet. Die Macher von „Dr. House“, “Grey’s Anatomy“ und „Scrubs“ – nicht zuletzt dank best buddy Zach Braff – haben Radins fragiles Fingerpicking schon ausgiebig für zum Wimmern schöne Tränendrüsenmomente gemolken.

Der teilbestuhlte Saal des Heimathafens in Berlin Neukölln zeigt sich atmungsaktiv gefüllt – die kommenden eineinhalb Stunden nutzen die Zuschauer für Fingerhakeln mit dem Liebhaber oder kathartisches Gewälze im eigenen Selbstmitleid. „Dieser Song ist für die unter euch, die down sind und nicht wissen, was sie gerade mit ihrem Leben anstellen wollen.“ „Beautiful Day“ hilft mit Postkarten-Zitaten wie „Let’s not forget we’re alive” über das Schlimmste hinweg.

Tränengeschichten

Seinen ersten Songtext schrieb Joshua Radin mit gerade einmal 16 Jahren, für eine bildschöne Fremde in einem Zug nach Nizza. Und seine erste Freundin weinte ständig, wenn sie sich sahen, was ihm offensichtlich bis heute zu schaffen macht. Radin erzählt gern begleitende Geschichten. Inspirational-Quote-Feuerchen wie „I gave you wings, now you’re flying away“ gewinnen dadurch zumindest etwas mehr Tiefe. Im Publikum verkneift man sich derweil höflicherweise einen Aufstoßer von der prickelnden Weinschorle – jetzt bloß nicht die stecknadellautstarke Stimmung versauen.

Tendenziell überraschend kommt daher die Aufforderung, sich von den Plätzen zu erheben. Joshua Radin schläfert sich auf Dauer selbst ein, wie er ehrlicherweise gleich selbst zugibt. Menschen, deren Euphoriekurve bisher unspektakulär an der x-Achse entlangkratzte, verfallen für „High and Low“, einen Song vom 2017 erschienen Album „The Fall“, in zuweilen unkontrolliertes Rhythmusgestampfe. Und vertikal Klatschende wiehern bei einem „Prost“ des US-Amerikaners, der sich schlückchenweise seinen Whiskey schmecken lässt.

Ganz reale Zach-Braff-Filmmomente

Bei „Winter“ schmeißt Radin nochmal das Kopfkino an: Der Plot-Twist flammt auf, in dem Dr. Cox sich von seinem besten Freund Ben verabschieden muss. „Scrubs“ war schon eine verdammt tolle Serie.

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Immerhin hat es Joshua Radin geschafft, dass sich ein paar Neuverliebte nach der Show ganz fest im Arm halten. Ganz reale Zach-Braff-Filmmomente, wie man sie sich schon immer gewünscht hat.

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