Gehen wir noch zu dir, reden?

Astrid Vits' Deutschpop-Interview-Buch "Du und viele von Deinen Freunden" ist Stoffsammlung und High-End-Fanzine

Schön, dass das Backstage-Groupie-Umhängerle schon auf dem Buchdeckel abgebildet ist. Matthias Hielscher von unseren geliebten Virginia Jetztl hat mal schlau gesagt, dass es innerhalb Deutschlands zurzeit schon deshalb keinen kritischen Austausch über Popmusik geben könne, weil sich alle untereinander kennen und nicht weh tun wollen. Wenn die Hamburger Journalistin Astrid Vits ihr Buch in Anlehnung an den Kettcar-Albumtitel „Du und viele von deinen Freunden“ nennt, dann weiß man wenigstens gleich, woran man ist.

Vits hat für den über 500-seitigen Wälzer (Verlag Schwarzkopf 8>Schwarzkopf) 34 deutsche Bands und Solo-Acts interviewt, nur Leute aus dem weitgefassten Indie-Bereich, der spätestens seit dem Torpedo-Erfolg von Wir sind Helden für die nationalen Major-Abteilungen als Neuer Markt gilt: Mia, Tomte, Sportfreunde, bewährte Kräfte wie Bernd Begemann und Abseitigere wie Erdmöbel und Finn. Die Wohlfühl-Gruppen. Schorsch Kamerun hat zwar ein Vorwort geschrieben, wird aber nicht interviewt, Tocotronic und Blumfeld wollten nicht, natürlich wegen des Deutsch-Themas.

Unausweichlich: 18 Seiten mit Thees Uhlmann von Tomte sind geradezu mitreißend, zwölf Seiten mit Paula eher nicht. Astrid Vits präsentiert fast Dogma-mäßig das ungekürzte Rohmaterial, aus dem Autoren sonst ihre kleinen Artikel herausklopfen, und das beweist am Ende, was es eigentlich nicht beweisen soll: Wer von den Langweilern hat tatsächlich was Intelligentes zu sagen, wenn man ihn einfach quatschen lässt? Vernichtende Urteile muss man als Leser am Ende halt selbst fällen (soweit Knarf Rellöm einem das in seinem fantastisch affektierten Interview nicht abnimmt), dies ist immerhin die Stoffsammlung, wie es sie zu dem Thema noch nicht gab. Das längste Fanzine Norddeutschlands.

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