Jahrhundertzeuge Troller: „Geschichte wiederholt sich laufend“

Am 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz schaut Georg Stefan Troller mit Sorge auf die Entwicklungen unserer Zeit.

„Alles scheint ein bisschen bergab zu gehen in diesem Moment: in Amerika mit Trump, in Deutschland mit der Wirtschaft, in Frankreich mit der Politik“, sagt der Schriftsteller, Journalist und Filmemacher Georg Stefan Troller in der „Welt am Sonntag“. „Aber da man das alles schon öfter erlebt hat, bringt es dich nicht zur Verzweiflung, sondern eher einem ironischen Grinsen.“

Troller kann das sagen. Er ist heute 103 Jahre alt und einer der großen Zeitzeugen unseres Jahrhunderts. Vor 80 Jahren wurde das NS-Vernichtungslager Auschwitz von Soldaten der Roten Armee befreit. Troller war drei Monate später als Soldat der US-Armee an der Befreiung des KZ Dachau beteiligt.

In einem bewegenden Interview spricht der Jahrhundertzeuge mit Mathias Döpfner über seine jüdische Kindheit in Wien, über die Ironie des Alters und den Glauben an Gott, über die Liebe zur deutschen Sprache und die Angst vor antisemitischer Gewalt.

Troller: Deutschland hat Angst vor Konflikten!

Er habe die Angst, dass der Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober kein Einzelfall bleibe. „Alles kann sich wiederholen“, sagt Troller. „Geschichte wiederholt sich laufend, nur mit anderen Vorzeichen beziehungsweise Instrumenten und Waffen.“

Angesichts des wachsenden Zuspruchs für die AfD und die schwindende Unterstützung für den Abwehrkampf der Ukraine gegen Russland, klingt Trollers Antwort auf die Frage, was wir Deutschen tun können, damit sich die Geschichte nicht wiederholt, wie ein Kommentar zur aktuellen Lage: „Ich fürchte, in Deutschland hasst man von jeher nicht so sehr die Nazis als vielmehr den Krieg, den sie lostraten. Man hat Angst in einen Konflikt verwickelt zu werden. Auch wenn es ein redlicher Abwehrkampf ist wie in der Ukraine.“

Dennoch spricht der in Paris lebende Intellektuelle, der nach dem erzwungenen „Anschluss“ Österreichs an Nazi-Deutschland 1938 über die Tschechoslowakei nach Frankreich und schließlich in die USA geflohen war, davon, dass die deutsche Sprache seine Heimat sei, seine „Form von Patriotismus“. „Keine andere Kultur hat uns so angeregt wie die deutsche“, sagt er im Gespräch. „Um so unverständlicher der mörderische Hass, den sie uns entgegenbrachten.“

Am Ende des ausführlichen Gesprächs gibt der 103-Jährige eine Einschätzung der rasanten Entwicklung der Künstlichen Intelligenz, die ihn mehr abstoße als anziehe: „Weil unsere Welt ohnehin mehr und mehr zur Verfremdung neigt, zur Abstraktion. Zum Beispiel haben sich früher in der Pariser Metro die Liebespaare kokett angeguckt, so sitzen sie jetzt Rücken an Rücken und starren ihre iPhones an. Früher war die Weltmeisterschaft im Schachspiel eine Art sportliches Anliegen. Jetzt, wo die KI den Weltmeister geschlagen hat, kümmert sich kein Mensch mehr darum.“ Es bleibe nichts Echtes mehr.

Das vollständige Interview aus der „Welt am Sonntag“ gibt es HIER zu lesen.

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