Gerne überheblich

Battle Style plus Bewusstsein: SAMY DELUXE liebt Arroganz, will aber nicht nur über sich selbst rappen

Hand aufs Herz: Wenden sich die Dinge manchmal doch zum Guten? Gehen die Dinge im Musikkosmos vielleicht einmal den besseren Weg? Natürlich nicht, aber wer auf die Entwicklung des deutschen HipHop schaut, der könnte es fast glauben.

Blick zurück im Zorn auf 1995: Drei Schwererziehbare mit Spiegel-TV-kompatibler Vergangenheit stehen im Regen und greinen „Verpiß Dich“. Zwei Grooveminister hauen dem Formatradiohörer ihr NDW-Missverständnis „Das haben wir uns verdient“ um die Ohren, und die Partykeller zwischen Rensburg und Altötting rulen mit Bürger Lars Dietrich und Der Wolf zwei Pennäler, die sich als Enkel von Fips Asmussen und Mike Krüger outen. Deutscher HipHop, früh geboren und schnell verwunschen, ist – so scheint es schon am Ende. „The Message“? Piratensender Powerplay!

Anno 2001 sind die Karten neu gemischt, dank einem kaum für möglich gehaltenen Brückenschlag zwischen gekonnten Styles und kommerziellem Erfolg. Jan Delay zeigt versiert, wieviele Spliffs zwischen Nena und Baader Meinhofpassen, und Samy Deluxe steigt mit seinem Solodebüt von 0 auf 2 – noch vor Janet Jackson – in die Charts. Und wie. Ihr wollt ein Liebeslied? Nicht mit Samthe Man. Stattdessen: bigmouth strikes again. „Ich versteh die Leute nicht, die sagen: Du bist was Besonderes in Deutschland, dein Style ist einzigartig, aber mach doch mal ’ne Geschichte. Nicht immer Battle Style.“

Letztlich sind es aber auch genau jene Stimmen, die den Ego-Motor des ehemaligen Dynamite Deluxe-Mannes am Laufen halten. „Ich steh auf diese Art von Humot; diese Arroganz im Style. Ich mag das überhebliche Ding extremst.“ Um so augenfälliger, wie der frischgebackene Familienvater im Gespräch so gar nichts vom hyperaktiven Proklamierer hat, den man hinter seinen Lines erwartet Stattdessen trifft man auf einen völlig relaxten und auskunftsbereiten Mann.“Ich weiß, dass ich mit diesem Album mehr Leute ansprechen werde. Umso klarer war mir, dass ich noch mehr sagen muss. Nicht nur, was ich über HipHop denke, sondern auch über Deutschland, die Jugend, den täglichen Rassismus.“

Battle plus Bewusstsein also. „Ich schreibe ständig. Jeden Tag. Über all das, was ich seh.“ Sagt’s und zückt zum Beweis das Notizheft aus den Baggys.

Dass er nun als Solist unterwegs ist, scheint dabei weniger ein Thema. Das letzte Wort in Sachen Dynamite ist längst nicht gesprochen. Aber was immer der Hamburger MC in Zukunft machen wird – ob solo oder mit Clan, Liebeslied oder nicht – eins ist klar: „Es wird immer deluxe sein, weißt du?“

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